Aus eigener mehr als 35jähriger beruflicher Erfahrung weiß ich, welche schwer zu lösenden Probleme sich auftun, wenn ein Mensch mit Behinderung ins Krankenhaus muss. Oft können sie sich nicht verständlich machen oder verstehen die Aussagen des Krankenhauspersonals nicht. Alltägliche Unterstützungen, etwa bei der Korperhygiene, die sie brauchen und gewohnt sind, bekommen sie nicht vom Krankenhauspersonal, weil die Mitarbeiter dort nichts davon wissen oder es nicht leisten können. Dazu kommen die Verunsicherungen und Ängste in einer fremden Umgebung, die natürlich durch das „krank sein“ noch verstärkt werden.
Rattenschwanz
Klar ist, dass diese Menschen eine möglichst enge Begleitung brauchen. Wenn aber eine Assistenz organisiert werden musst, zog das einen Rattenschwanz an nachfolgenden Problemen mit sich nach. Angehörige haben unter Umständen Verdienstausfälle, Einrichtungen der Behindertenhilfe mussten zusätzliche Personalkosten stemmen.
In vielen Fällen war es den Angehörigen möglich, die Begleitung zumindest teilweise zu übernehmen. Oft musste aber das Betreuungspersonal der Einrichtung, in der der Patient lebte, die Aufgabe übernehmen. Das hatte natürlich massive Auswirkungen auf die „normale“ Arbeit, die Mehrarbeitsstunden häuften sich.
Neuregelung seit 1. November in Kraft
Lange bestand Unklarheit darüber, wer die Kosten trägt, wenn Menschen mit Behinderungen von einer vertrauten Bezugsperson im Krankenhaus begleitet werden müssen. Im vergangenen Jahr konnte endlich die Kostenträgerschaft geregelt werden. Die Neuregelungen sind nun zum 1. November 2022 in Kraft getreten.
Die Regelungen gelten für alle Menschen, die Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten und auf Begleitung durch vertraute Bezugspersonen angewiesen sind, damit eine stationäre Krankenhausbehandlung durchgeführt werden kann. Die Notwendigkeit einer Begleitung kann beispielsweise gegeben sein, wenn Kommunikationsprobleme bestehen oder Unterstützung im Umgang mit Belastungssituationen erforderlich ist.
Was gilt?
Seit dem 1. November 2022 gilt:
- Erfolgt die Begleitung durch vertraute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Leistungserbringers der Eingliederungshilfe, übernehmen die für die Leistungen der Eingliederungshilfe zuständigen Träger die Kosten.
- Soweit die Begleitung durch Personen aus dem familiären oder engsten persönlichen Umfeld erfolgt, zahlt die gesetzliche Krankenversicherung bei einem Verdienstausfall der Begleitperson Krankengeld.
Richtlinien
Um klarzustellen,
- welcher Personenkreis von Menschen mit Behinderung beim Krankenhausaufenthalt begleitet werden kann,
- wer als Begleitperson in Frage kommt,
- wie und wo der Bedarf einer Begleitung gegenüber dem Krankenhaus bescheinigt werden kann und
- wie der Begleitungsbedarf gegenüber Arbeitgeber und Krankenkasse nach zuweisen ist,
hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) mittlerweile eine Richtlinie erstellt, die ausführlich alle diese Fragen klärt.
Evaluierung
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird mit dem Bundesministerium für Gesundheit und im Einvernehmen mit den Ländern die Neuregelungen evaluieren. Ergebnisse der Evaluation sollen zum Jahresende 2025 vorliegen.
Quellen: BMAS, G-BA, FOKUS-Sozialrecht
Abbildung: Fotolia_87266480_Subscription_XXL.jpg