Deutschland übernimmt im Sommer die EU-Ratspräsidentschaft. Sie wird natürlich ganz im Zeichen der Überwindung der Pandemie und ihrer Folgen, ebenso wie der Kampf gegen die Klimakatastrophe, deren Auswirkungen die der Corona-Krise noch übertreffen werden.
Gleichzeitig steht eine Neuausrichtung eines gemeinsamen europäischen Asylsystems (GEAS) an. Hier wird sich zeigen, wie ernst die EU den Schutz von Kinderrechten nimmt.
Offener Brief an die Bundesregierung
42 Menschen- und Kinderrechtsorganisationen, darunter u.a.der AWO Bundesverband, der Deutsche Caritasverband, der Kindeschutzbund und Pro Asyl haben gemeinsam in einem offenen Brief die Bundesregierung aufgefordert, während ihrer EU-Ratspräsidentschaft ein Zeichen für ein humanitäres Europa zu setzen.
In dem Brief erinnern die Unterzeichner daran, dass es sich bei ca. einem Drittel der Geflüchteten, die eine Einreise in die EU anstreben, um Minderjährige handelt, also Menschen, die eines besonderen Schutzes bedürfen.
Die Organisationen fordern, dass für alle Kinder und Jugendlichen individuell geprüft werden muss, welche Lösung ihrem Schutz am besten dient. Es dürfe keinesfalls weiter dazu kommen, dass Jugendlichen ihre Grundrechte verwehrt würden. Auch müsse dafür gesorgt werden, dass Minderjährige nicht allein aufgrund ihres Einreiseersuchens inhaftiert werden. Haft führe gerade bei jungen Menschen zu nachhaltigen psychischen und gesundheitlichen Schäden, die sich dramatisch auf die Entwicklungsperspektiven der Betroffenen auswirke. Unbegleitete Kinder und Jugendlichen müssten vielmehr unmittelbar in das Land gebracht werden, das sich aufgrund individueller Bedingungen am besten eigne.
Die Forderungen sind:
- Kindeswohl vorrangig berücksichtigen,
- keine Haft und freiheitsbeschränkenden Maßnahmen,
- beschleunigte Familienzusammenführung innerhalb der EU,
- unverzügliche Verteilung von unbegleiteten Kindern,
- Schulungen für Grenzbeamt_innen in Kindesschutz,
- Einführung eines unabhängigen Monitoringmechanismus und
- Maßnahmen zur Rechenschaftspflicht.
Hölle auf den griechischen Inseln
Es ist ein schon fast verzweifelter Versuch, die EU-Mitgliedsstaaten zu einer Abkehr von ihrer in weiten Teilen inhumanen Migrationspolitik zu bewegen. Ob dies gelingen wird, auch und gerade in Zeiten Corona-bedingter Grenzschließungen, muss leider bezweifelt werden. Die EU schafft es bis jetzt nicht, zumindest die unbegleitenten Kindern aus den katastrophalen Lagern auf den griechischen Inseln heraus zu holen. Obwohl dies schon vor mehreren Monaten (spätestens seit Dezember) gefordert und bekannt war. Viele Bundesländer, Städte und Gemeinden haben sich bereit erklärt, die Kinder aufzunehmen. Mission Lifeline hat Flüge organisiert, die sofort starten könnten, bisher wird aber von der Bundesregierung und der EU alles abgeblockt. Außer salbungsvollen Worten ist bisher nichts geschehen.
Sehr schnell kam dagegen die Genehmigung für die Einreise von 40.000 Saisonarbeitern, damit wir auch in der größten Krise nicht auf den Spargel verzichten müssen.
Quellen: Sozial.de, Mission Lifeline,
radioeins: Gespräch mit Erik Marquardt, EU-Parlamentarier der Grünen
Abbildung: fotolia_101139545.jpg