Basiskonto: Gerichtsurteil begrenzt Höhe der Kontogebühren

Nach Ansicht des Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) ist das Basiskonto bei der Deutschen Bank zu teuer. Die Kosten seien unangemessen hoch und damit unwirksam.

Ein monatlicher Grundpreis von 8,99 Euro sowie Kosten von 1,50 Euro für eine beleghafte Überweisung im Rahmen eines Basiskontos sind unangemessen hoch und damit unwirksam. Basiskonten müssen zwar nicht als günstigstes Kontomodell eines Kreditinstituts angeboten werden, die Preise sollen aber das durchschnittliche Nutzerverhalten dieser Kontoinhaber angemessen widerspiegeln – so das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) im am 27.02.2019 verkündetem Urteil. Das Gericht richtet sich hier nach der gesetztlichen Vorgabe im Zahlungskontengesetz. Danach muss ein Basiskonto nicht kostenfrei angeboten werden. Die Entgelte müssen aber laut Gesetz „angemessen“ sein und sich am Nutzerverhalten orientieren.

Was „angemessen“ ist, legt das OLG Frankfurt in seinem Urteil wie folgt aus: Ausgangspunkt für die Beurteilung der Angemessenheit seien die marktüblichen Entgelte sowie das Nutzerverhalten unter Berücksichtigung des Umfangs der von der Bank zu erbringenden Leistungen. Besondere Bedeutung erlange hier, dass „die wirtschaftliche Lage der betroffenen Verbraucher, die Basiskonten beantragen, regelmäßig angespannt ist, weshalb zugrunde gelegt werden kann, dass sie regelmäßig nur wenige Zahlungen über das Basiskonto abwickeln“.

Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. Das letzte Wort in der Sache könnte der BGH sprechen, da die Rechtssache zur Revision zugelassen wurde. Man erhofft sich dadurch auch ein Grundsatzurteil, was dann künftig auch den Banken bundesweit den Weg weist.

Quelle: Pressemitteilung OLG Frankfurt/Main v. 27.02.2019

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Mütterrente ab 1. März

Das Gesetz über Leistungsverbesserungen und Stabilisierung in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungs- und Stabilisierungsgesetz) verabschiedet, dass zum 1. Januar in Kraft trat sieht vor, dass für erziehende Elternteile, die aufgrund der Erziehung von mehr als zwei Kindern im besonderen Maße rentenrechtliche Nachteile aufgrund eingeschränkter Erwerbsarbeit hinnehmen mussten,  für die Erziehung von vor 1992 geborenen Kindern das dritte Kindererziehungsjahr in der gesetzlichen Rentenversicherung anerkannt wird. Sie werden insoweit gleichgestellt mit denjenigen, die ab 1992 geborene Kinder erzogen haben beziehungsweise erziehen.

Bestandsrentnerinnen wird die gestiegene Rente ab 1. März rückwirkend zum 1. Januar 2019 ausgezahlt. Neurentnerinnen erhalten die höhere Rente bereits seit Jahresbeginn.

Für jedes Kind erhalten sie dann einen halben Rentenpunkt mehr, wodurch sich die Zahl der Rentenpunkte pro Kind von zwei auf zweieinhalb erhöht. Da ein Rentenpunkt gegenwärtig einem Monatsbruttowert von 30,69 Euro im Osten und 32,03 Euro im Westen entspricht, werden monatlich also 15,35 Euro bzw. 16,02 Euro brutto mehr pro Kind ausgezahlt. Väter, die den überwiegenden Teil der Kindererziehung übernommen haben, haben ebenfalls Anspruch darauf, benötigen dafür aber die Einwilligung der Mutter. Wurde die Erziehung von beiden Elternteilen gleichermaßen übernommen, müssen sie sich einigen, wer die Erziehungszeiten angerechnet bekommt. Für Kinder ab Geburtsjahr 1992 erhalten Mütter bzw. erziehende Väter unverändert drei Rentenpunkte.

Mehr zum RV-Leistungsverbesserungs- und Stabilisierungsgesetz finden Sie hier in einem Beitrag der Deutschen Rentenversicherung.

Quelle: Deutsche Rentenversicherung, Fokus Sozialrecht

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Aktualisiertes Hilfsmittelverzeichnis

Der GKV-Spitzenverband hat die Überarbeitung und Fortschreibung des ca. 32.500 Produkte umfassenden Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelverzeichnisses abgeschlossen.

Rechtliche Grundlagen

Die Versorgung mit Hilfsmitteln im Sinne des § 33 SGB V ist Teil der medizinischen Vorsorgeleistungen und der Krankenbehandlung.
Nach § 139 Abs. 1 SGB V erstellt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen ein systematisch strukturiertes Hilfsmittelverzeichnis. In dem Verzeichnis sind von der Leistungspflicht umfasste Hilfsmittel aufzuführen.
Nachdem es in der Vergangenheit immer wieder Beschwerden darüber gab, dass Versicherte mit schlechten und/oder veralteten Hilfsmitteln versorgt wurden, eskalierte der Streit im Herbst 2015 zwischen dem Patientenbeauftragten der Bundesregierung und dem GKV-Spitzenverband, der schießlich in einer Gesetzesinitiative mündete. Mit dem „Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz – Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz – HHVG)“, das am 11. April 2017 in Kraft trat, wurden zahlreiche Maßnahmen beschlossen, die zu einer besseren und transparenteren Hilfsmittelversorgung führen sollen, unter anderem wurde der  Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) verpflichtet, bis zum 31. Dezember 2018 das Hilfsmittelverzeichnis grundlegend zu aktualisieren (§ 139 Abs. 9 SGB V).

Verbesserungen für Versicherte

Die Überarbeitung des Hilfs- und Pflegehilfsmittelverzeichnis hat zu zahlreichen Verbesserungen geführt. Unter anderem:

  • Mit dem motorbetriebenen und computergesteuerten Exo-Skelett können Querschnittsgelähmte aufstehen, sich hinsetzen, stehen und gehen.
  • Mechatronische Fußpassteile und Kniegelenke verhelfen Versicherten sicherer zu gehen, senken das Sturzrisiko und erhöhen die Bewegungsmöglichkeiten.
  • Mit myoelektrisch gesteuerten Armprothesen, die mithilfe von elektrischer Energie angetrieben werden und die noch vorhanden Muskelspannungen des Armstumpfes verstärken, können Nutzerinnen und Nutzer besser greifen und Gegenstände halten.
  • Das Eigengewicht von Rollatoren darf 10 Kilogramm nicht mehr überschreiten; damit wird die alltägliche Benutzung leichter. Zu mehr Sicherheit tragen darüber hinaus Ankipphilfen, anatomische Handgriffe sowie allseitige Reflektoren bei.
  • Die Neuregelung bei der Versorgung mit Elektromobilen schreibt vor, dass der individuelle Nutzungsumfang der bzw. des Versicherten zuvor ermittelt wird; so kann etwa berücksichtigt werden, ob das Elektromobil auch im öffentlichen Nahverkehr genutzt werden soll.

In der Überarbeitung und Fortschreibung des Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelverzeichnisses für GKV-Versicherte waren zahlreiche Akteure beteiligt: Hersteller- und Leistungserbringerorganisationen, Patientenvertretungen, MDK (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung) und MDS (Medizinischer Dienst des GKV-Spitzenverbandes), medizinische Fachgesellschaften, Sachverständige sowie natürlich die Krankenkassen und ihre Verbände.

Portal zum Recherchieren

Im Zeitraum von Juli 2015 bis Dezember 2018 wurden die 41 Produktgruppen des Hilfs- und Pflegehilfsmittelverzeichnisses überarbeitet, fortgeschrieben und aktualisiert. Das Hilfsmittelverzeichnis umfasst ca. 32.500 Produkte in ca. 2.600 Produktarten. Im Webportal Hilfsmittelverzeichnis stellt der GKV-Spitzenverband ein strukturiertes Hilfsmittelverzeichnis zur ein systematisch strukturiertes Hilfsmittelverzeichnis zur Verfügung. In dem Verzeichnis sind von der Leistungspflicht der Kranken- und Pflegekassen umfasste Hilfsmittel aufgeführt. Das Hilfsmittelverzeichnis gliedert sich in Anlehnung an das jeweilige Therapieziel in 37 unterschiedliche Produktgruppen. Das Pflegehilfsmittelverzeichnis besteht aus weiteren vier Produktgruppen.

Quellen: GKV-Spitzenverband, SOLEX,

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Bundeskabinett beschließt Gesetzentwurf zur besseren Vergütung von Betreuern

Am 27. Februar 2019 hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zur besseren Vergütung von Betreuern beschlossen. Damit ist das parlamantarische Verfahren offiziell eingeläutet.

Erstmals kann der Entwurf am 15. März in die nächste Bundesrats-Sitzung eingebracht werden. Erwartet wird, dass das Gesetz noch vor der parlamentaritschen Sommerpause verabschiedet ist – die letzte Bundesratssitzung findet am 28. Juni 2019 statt.

Quelle: Pressemitteilung des Bundeskabinetts am 27.2.2019

Spahn versucht es noch mal

Der Bundesgesundheitsminister möchte unbedingt die Macht des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) einschränken und Änderungen im Verfahren zur Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung und in der Krankenhausversorgung durchsetzen.

Der erste Versuch , diese Gesetzesänderung in das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) einzubauen scheiterte an dem Widerstand der Fachverbände und des Koalitionspartners.

Nun wurde das Vorhaben – wieder völlig fachfremd – in das Gesetzgebungsverfahren zum Gesetz zur Errichtung des Deutschen Implantateregisters (Implantateregister-Errichtungsgesetz – EDIR) eingeschmuggelt.

Das Ziel des Bundesgesundheitsministers ist, dass neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden schneller in die Versorgung gelangen. Dazu sind die notwendigen Methodenbewertungsverfahren innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Gelingt dies nicht, kann das BMG über eine Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates über die Aufnahme in die Versorgung entscheiden und die Finanzierung regeln.

Bisher gilt, dass der Gesetzgeber die Rahmenbedingungen für die Ausgestaltung der medizinischen Versorgung vorgibt. Die Einzelheiten werden von der gemeinsamen Selbstverwaltung in eigener Verantwortung und nach definierten wissenschaftlichen Kriterien der evidenzbasierten Medizin festgelegt.

Wieder hagelt es Proteste der Kassenverbände und aus den Reihen der SPD. Vom Schritt zurück ins Mittelalter ist wieder die Rede und davon, dass die geplante Vorschrift den Partikularinteressen einzelner Leistungserbringer oder Medizinproduktehersteller diene.

Ob der Gesundheitsminister sein Anliegen nun durchboxen kann oder nicht: wenn die Methode Schule macht, fachfremde Vorschriftenänderungen kurzfristig in Gestzesvorhaben einzuschleusen, dient dies sicher nicht dem Ziel, der Poltikverdrossenheit entgegenzuwirken.

Quelle: Ärztezeitung, Verband der Ersatzkassen, Fokus Sozialrecht

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Reform der Kinder- und Jugendhilfe

Im Koalitionsvertrag für die 19. Legislaturperiode haben CDU/CSU und SPD vereinbart, die Kinder- und Jugendhilfe weiterzuentwickeln und dabei insbesondere den Kinderschutz und die Unterstützung von Familien zu verbessern. Darüber hat der Bundestag am 21. Februar erstmalig beraten. Ziel ist eine Gesetzesinitiative zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe mit einer Reform des derzeit geltenden SGB VIII (Achtes Buch Sozialgesetzbuch).

Antrag der Koalitionsparteien

In einem gemeinsamen Antrag (19/7904) fordern CDU/CSU und SPD die Bundesregierung auf, in dieser Legislaturperiode einen Gesetzentwurf vorzulegen, der den Kinderschutz, die Übergänge zwischen den verschiedenen Leistungssystemen, die Fremdunterbringung, die Heimaufsicht und die Unterstützung von Herkunftsfamilien verbessert sowie die Qualifizierung und Unterstützung von Pflegeeltern weiterentwickelt. Die fachliche und finanzielle Verantwortung müsse dabei weiterhin bei den Kommunen und Ländern verbleiben. Beim Reformprozess sollen Perspektiven und Erfahrungen junger Menschen und Familien mit der Kinder- und Jugendhilfe sowie mit familiengerichtlichen Verfahren berücksichtigt werden.

Pläne der Familienministerin

Auch die Familienministerin will die Perspektive der Betroffenen stärker berücksichtigen. SIe kündigte an, noch im Februar werde das Forschungsvorhaben „Hochproblematische Kinderschutzverläufe: Betroffenen eine Stimme geben“ starten, das die bisherige wissenschaftliche Begleitforschung zur Betroffenenbeteiligung ergänzt. Bereits seit November läuft der Dialogprozess „Mitreden & Mitgestalten“ zur Modernisierung der Kinder- und Jugendhilfe. Nach einer Auftaktkonferenz mit einer breit eingeladenen Fachöffentlichkeit wurde der Dialog in einer Arbeitsgruppe (AG) weitergeführt.

Auf der Plattform www.mitreden-mitgestalten.de wird fortlaufend über den Dialogprozess informiert und die Fachöffentlichkeit kann sich am Dialog beteiligen.

Antrag der Linksfraktion

Auch die Linksfraktion reichte am 21.2. im Bundestag eine Antrag (19/7909) zu dem Thema ein. Sie fordert die Bundesregierung auf, das Achte Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) unter Berücksichtigung der Ergebnisse einer einzurichtenden Enquete-Kommission neu zu fassen. Die armutsbedingten Benachteiligungen von Kindern und Jugendlichen müssten abgebaut werden, um ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben umfassend zu gewährleisten. Zudem müsste rechtlich klargestellt werden, dass die im SGB VIII verankerten Leistungen nicht auf Freiwilligkeit der öffentlichen Träger beruhen. Die Kommunen seien finanziell in die Lage zu versetzen, die Umsetzung des SGB VIII zu gewährleisten.

Quellen: Bundestag, Familienministerium

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Wahlrechtsausschluss für Betreute in allen Angelegenheiten verfassungswidrig!

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 29. Januar 2019 entschieden, dass die Regelung des Wahlrechtsausschlusses in § 13 Nr. 2 des Bundeswahlgesetzes (BWahlG) für in allen ihren Angelegenheiten Betreute verfassungswidrig ist.

Im am 21. Februar 2019 veröffentlichten Beschluss hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts festgestellt, dass die von dieser Regelung betroffenen Beschwerdeführer durch ihren Ausschluss von der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag in ihren Rechten verletzt sind.

Nach Ansicht des Gerichts kann zwar ein Ausschluss vom aktiven Wahlrecht verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein, wenn bei einer bestimmten Personengruppe davon auszugehen ist, dass die Möglichkeit zur Teilnahme am Kommunikationsprozess zwischen Volk und Staatsorganen nicht in hinreichendem Maße besteht.

§ 13 Nr. 2 BWahlG genüge aber den Anforderungen an gesetzliche Typisierungen nicht, weil der Kreis der von der Regelung Betroffenen ohne hinreichenden sachlichen Grund in gleichheitswidriger Weise bestimmt wird.

Aufgrund einer Verletzung

  1. des Grundsatzes der Allgemeinheit sowie
  2. des Verbots der Benachteiligung

liege eine Verfassungswidrigkeit vor.

1. Verletzung des Grundsatzes der Allgemeinheit

Betreuerbestellung versus Vollmacht macht den Entzug des Wahlrechts zufällig und damit verfassungswidrig

§ 13 Nr. 2 BWahlG schließt eine Person vom Wahlrecht aus, wenn diese nicht nur krankheits- oder behinderungsbedingt unfähig ist, alle ihre Angelegenheiten selbst zu besorgen, sondern wenn darüber hinaus aus diesem Grund ein Betreuer in allen Angelegenheiten bestellt wurde.

Aufgrund des im Betreuungsrecht durchgängig geltenden Erforderlichkeitsgrundsatzes unterbleibt eine Betreuerbestellung aber, soweit der Betreuungsbedürftigkeit des Betroffenen auf andere Weise, insbesondere durch die Erteilung einer Betreuungs- oder Vorsorgevollmacht oder hinreichende Versorgung im Familienkreis, Rechnung getragen werden kann. In diesem Fall ist § 13 Nr. 2 BWahlG nicht anwendbar und das Wahlrecht bleibt erhalten.

Letztlich ist der Wahlrechtsentzug damit davon abhängig, ob wegen des Vorliegens eines konkreten Betreuungsbedarfs die Bestellung eines Betreuers erfolgt oder ob diese aufgrund fehlender Erforderlichkeit unterbleibt. Dieser im Tatsächlichen von Zufälligkeiten abhängige Umstand stellt aber keinen sich aus der Natur der Sache ergebenden Grund dar, der geeignet ist, die wahlrechtliche Ungleichbehandlung gleichermaßen Betreuungsbedürftiger zu rechtfertigen.

Organisationserwägungen dürfen nicht gelten

Demgegenüber kann auch nicht geltend gemacht werden, der Gesetzgeber knüpfe mit seiner Entscheidung an ein streng formales Merkmal an, das klar, einfach feststellbar und bei der Organisation von Wahlen besonders praktikabel sei.

Zwar ist der Gesetzgeber berechtigt, die Durchführbarkeit der Massenveranstaltung Wahl durch typisierende Regelungen sicherzustellen, die nicht allen Besonderheiten Rechnung tragen müssen. Der Gesetzgeber muss solchen verallgemeinernden Regelungen aber realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen.

Zudem müssen die Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der mit ihr notwendig verbundenen Ungleichheit stehen. Voraussetzung hierfür ist, dass die durch die Typisierung eintretenden Härten und Ungerechtigkeiten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar sind, lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und das Ausmaß der Ungleichbehandlung gering ist.

Dies ist vorliegend nicht der Fall. Bei der Bundestagswahl 2013 waren insgesamt 81.220 Vollbetreute von einem Wahlrechtsausschluss gemäß § 13 Nr. 2 BWahlG betroffen. Welchen Anteil dieser Personenkreis an der Gesamtzahl der Personen hat, die zur Besorgung aller ihrer Angelegenheiten nicht in der Lage sind, ist nicht feststellbar. Auch der Gesetzgeber hat sich mit dieser Frage nicht befasst. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass die Gruppe der umfassend Betreuungsbedürftigen, bei der mangels Erforderlichkeit eine Betreuerbestellung unterbleibt, nicht wesentlich kleiner oder sogar größer ist als die Gruppe der vom Wahlrecht ausgeschlossenen Vollbetreuten. Der Eingriff in den Gleichheitssatz ist dabei auch nicht geringfügig, da den Betroffenen durch den Wahlrechtsausschluss das vornehmste Recht des Bürgers im demokratischen Staat dauerhaft entzogen wird.

2. Verletzung des Verbots der Benachteiligung

Neben der Verletzung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl verstößt § 13 Nr. 2 BWahlG auch gegen das Verbot der Benachteiligung wegen einer Behinderung gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG.

Die Regelung führt zu einer Schlechterstellung von Menschen mit Behinderungen. Dieser Eingriff in den Regelungsgehalt des Schlechterstellungsverbots gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG sei aus den vorstehenden Gründen nicht gerechtfertigt.

Quelle: Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts vom 21.02.2019

Brexit

Mit dem Ende der Mitgliedschaft Großbritanniens in der EU, wenn es dazu kommt, entfallen auch die Regelungen zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit nach den Verordnungen (EG) Nr. 883/2004, (EG) Nr. 987/2009 sowie (EG) Nr. 859/2003 (in Verbindung mit der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71) als Rechtsgrundlage für die Koordinierung von britischen Leistungen unter anderem bei

  • Krankheit und Pflegebedürftigkeit,
  • Leistungen bei Mutterschaft und gleichgestellten Leistungen bei Vaterschaft,
  • Leistungen bei Alter, an Hinterbliebene und bei Invalidität,
  • bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten,
  • bei Arbeitslosigkeit,
  • bei der Ausbildungsförderung und
  • beim Bafög.

Um bis zu einer Neuregelung der Beziehungen und eventuellen neuen vertraglichen Vereinbarungen für die Betroffenen eine Übergangslösung zu schaffen hat das BMAS nun einen Gesetzentwurf vorgelegt mit dem schönen Titel:
Entwurf eines Gesetzes zu Übergangsregelungen in den Bereichen Arbeit, Bildung, Gesundheit, Soziales und Staatsangehörigkeit nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union

Folgende Regelungen sollen verabschiedet werden:

  • Für den Erwerb, die Aufrechterhaltung, die Dauer oder das Wiederaufleben von Ansprüchen der Kranken-, Pflege-, Unfall-, Renten- oder Arbeitslosenversicherung von Personen, die bereits vor dem Austritt im Sinne der oben genannten Verordnungen relevante Zeiten in Großbritannien zurückgelegt haben, sollen diese vor dem Austritt zurückgelegten Zeiten auch nach dem Wegfall der oben genannten Verordnungen zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (in Bezug auf Großbritannien) berücksichtigt werden, als ob Großbritannien weiterhin ein Mitgliedstaat der EU wäre.
  • Zudem sollen Personen, die vor dem Austritt in der deutschen gesetzlichen Renten- oder Krankenversicherung oder der sozialen Pflegeversicherung versichert waren, nicht allein auf Grund des Austritts ihren Versicherungsstatus verlieren oder unfreiwillig einer Doppelversicherungspflicht unterliegen.
  • In der gesetzlichen Rentenversicherung sollen bei Personen, die vor dem Austritt sowohl Zeiten nach den Rechtsvorschriften der Bundesrepublik Deutschland als auch nach den Rechtsvorschriften Großbritanniens zurückgelegt haben, Zeiten auch in den ersten fünf Jahren nach dem Austritt weiter berücksichtigungsfähig sein.
  • Die Lücke in der Gesundheitsversorgung, die für Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung durch den Austritt und die dadurch entfallende Sachleistungsaushilfe entsteht, soll durch eine Regelung zur Kostenerstattung geschlossen werden.
  • Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung wird geregelt, dass neben den in Großbritannien eingetretenen Sachverhalten auch die in einem anderen Mitgliedstaat der EU, in einem Vertragsstaat des EWR oder in der Schweiz eingetretenen entsprechenden Sachverhalte im unfallversicherungsrechtlichen Feststellungsverfahren zugunsten des Versicherten berücksichtigt werden.
  • Durch weitere Regelungen im Arbeitsförderungsrechtsoll es möglich sein, auch über den Austrittstermin Großbritannien hinaus bereits begonnener betrieblicher Berufsausbildungen abzuschließen bzw. weiter zu unterstützen.
  • Außerdem soll die Grundlage geschaffen werden, Auszubildenden auch nach dem Austritt für einen in Großbritannien bereits vorher begonnenen Ausbildungsabschnitt gegebenenfalls noch bis zu dessen Abschluss Leistungen nach dem BAföG zu gewähren.
  • Zudem sollen auch Auszubildende, die vor dem Austritt nur wegen ihrer britischen Staatsangehörigkeit als Unionsbürger oder als Familienangehörige persönlich nach dem BAföG anspruchsberechtigt waren und eine förderungsfähige Ausbildung in der Bundesrepublik Deutschland betrieben haben, noch nach dem Austritt bis zum Abschluss des zu diesem Zeitpunkt laufenden Ausbildungsabschnitts weiter Leistungen nach dem BAföG erhalten können.

Damit in den Fällen, in denen Anträge auf Einbürgerung noch vor dem Austritt gestellt worden sind, längere Bearbeitungszeiten nicht zu Lasten von britischen Einbürgerungsbewerbern in Deutschland oder von deutschen Einbürgerungsbewerbern in Großbritannien gehen, soll nach diesem Gesetz in diesen Fällen auf den Zeitpunkt der Antragstellung abgestellt und Mehrstaatlichkeit hingenommen werden.

Es soll sich hierbei um ein eigenständiges Gesetz handeln, also nicht etwa Modifizierungen anderer Gesetze. Das Gesetz soll an dem Tag in Kraft treten, wenn der Austritt Großbritanniens aus der EU ohne ein Austrittsabkommen wirksam wird.

Quelle: Bundestag

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Bundesteilhabegesetz (Teil 6) – Allgemeine Vorschriften

Zum 01.01.2020 wechselt das Eingliederungshilferecht aus dem SGB XII in das SGB IX. Die Eingliederungshilfe bezieht ihre Grundlagen aus der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN-BRK). Ausdruck findet dies in der Formulierung, dass die Eingliederungshilfe die Aufgabe hat, „die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern.“ Im Übrigen wird nicht auf Unterstützung, Förderung etc. abgestellt, sondern der Begriff der „Befähigung“ in den Mittelpunkt der Zielsetzung von Eingliederungshilfe-Leistungen gestellt.

Wie wichtig die UN-BRK für die Umsetzung der Eingliederungshilfe in der Praxis und auch bei zukünftiges Rechtsstreitigkeiten ist, betonte der Deutsche Bundestag in seiner Entschließung zum Bundesteilhabegesetz (BT-Drucksache 18/10528). Zitat:“ Der Deutsche Bundestag erwartet, dass die Verwaltungen von Bund, Ländern und Kommunen das mit dem Bundesteilhabegesetz geschaffene neue Recht in der konkreten Rechtsanwendung stets im Lichte der UN-BRK umsetzen werden.“

Teile des Eingliederungshilferechts wurden durch das Bundesteilhabegesetz schon zu Beginn des Jahres 2018 verändert, beispielsweise Regelung zum Gesamtplanverfahren und zur Bedarfsermittlung, sowie die Einführung von Alternativen zur WfbM.

Das Vertragsrecht (Kapitel 8) der Eingliederungshilfe wurde zum 1.1.2018 direkt in das SGB IX eingebunden.

Allgemeine Vorschriften

Neben der Beschreibung der Aufgaben der Eingliederungshilfe und ihrem Verhältnis zu anderen Leistungen gehört zu den Allgemeinen Vorschriften auch die Klärung der Frage, wer der Träger der Eingliederungshilfe ist.

Entscheiden müssen dies – wie bisher schon – letztlich die Bundesländer, die dafür in § 94 Abs.1 SGB IX die Kompetenz erhalten.

Die Bundesländer sind verantwortlich für eine flächendeckende Versorgung mit Leistungsangeboten (§ 94 Abs. 3 SGB IX) und für die Einrichtung einer Arbeitsgemeinschaft, an der auch Menschen mit Behinderung und die Dachverbände der Leistungserbringer zu beteiligen sind (§ 94 Abs. 4 SGB IX).

Die Träger der Eingliederungshilfe haben daher nach § 95 SGB IX einen konkreten Sicherstellungsauftrag. Sie müssen sicherstellen, dass die einzelne leistungsberechtigte Person auch die für sie notwendigen Leistungen erhält. Sie müssen außerdem eine ausreichende Anzahl qualifizierter Mitarbeitender beschäftigen, die – neben weiteren Kompetenzen – insbesondere umfassende Kenntnisse von Teilhabebedarfen und Teilhabebarrieren über den regionalen Sozialraum und seine Möglichkeiten sowie die Fähigkeit zur Kommunikation mit allen Beteiligten haben (§ 97 SGB IX). Dies ist unter anderem besonders wichtig für die erweiterten Beratungs- und Unterstützungsaufgaben gegenüber den Leistungsberechtigten.

Aufgabe der Eingliederungshilfe
90 SGB IX

Die Leistungen der Eingliederungshilfe differenzieren sich in

  • Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 109 i.V.m. §§ 42 ff. und § 64 SGB IX),
  • Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 111 i.V.m. § 58, 60 bis 62 SGB IX),
  • Leistungen zur Teilhabe an Bildung und (§ 112 SGB IX)
  • Leistungen zur Sozialen Teilhabe (§ 113 i.V.m. §§ 77 bis 84 SGB IX)

Hier werden jeweils die besonderen Aufgaben dieser Leistungen definiert. Die Definitionen greifen inhaltlich im Wesentlichen die bisherigen Aufgaben dieser Leistungen unverändert auf; bei der Teilhabe an Bildung wird die Aufgabe der Eingliederungshilfe erweitert.

Zu den Leistungen werden im Laufe des Jahres 2019 in Fokus-Sozialrecht weitere Beiträge erscheinen.

Nachrang der Eingliederungshilfe
91 SGB IX

Anspruch auf Eingliederungshilfe besteht nur nachrangig, d.h. die Hilfe wird nur gewährt, wenn kein vorrangig verpflichteter Träger Hilfe leistet. Andersherum dürfen andere staatlichen Stellen Hilfen nicht versagen, auch wenn Anspruch auf Eingliederungshilfe bestünde. Daneben kommen auch weitere Verpflichtungen Anderer in Betracht, etwa Versicherungsleistungen auf Grund vertraglicher Verpflichtungen.

Nicht nachrangig, sondern gleichrangig sind die Eingliederungshilfeleistungen in Bezug zu Leistungen der Pflegeversicherung. Eingliederungshilfe und Pflege haben auch nach Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs grundsätzlich unterschiedliche Aufgaben. Aufgabe der Eingliederungshilfe ist die Förderung der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. Aufgabe der Pflege ist die Kompensation von gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten. Die Leistungen der Eingliederungshilfe und die Leistungen der Pflege sind grundsätzlich verschieden und stehen daher gleichrangig zueinander. Die Regelungen zum Verhältnis der Leistungen der Pflegeversicherung und der Leistungen der Eingliederungshilfe finden sich in § 13 SGB XI.

Verhältnis zu anderen Hilfen aus dem SGB XII
(§ 93 SGB IX)

Eine Vorrang-/Nachrangregelung gibt es nicht bei Leistungen des SGB XII, bei denen es keine Überschneidungen der Leistungen gibt. Dazu gehören:

  • Hilfe zum Lebensunterhalt
  • Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
  • Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten
  • Altenhilfe
  • Blindenhilfe

Ausnahme: Die Hilfen zur Gesundheit gehen den Leistungen der Eingliederungshilfe vor, wenn sie zur Beseitigung einer Beeinträchtigung mit drohender erheblicher Teilhabeeinschränkung geeignet sind.

Beitrag
92 SGB IX

Auch wenn das Bundesteilhabegesetz die Eingliederungshilfe laut Koalitionsvertrag 2013 (Seite 111) „aus dem Fürsorgesystem herausführen“ sollte, wird auch weiterhin auf einen Einsatz von Einkommen und Vermögen bei den Bedarfen zur Teilhabe nicht verzichtet. Dieser konsequente Schritt wurde nicht vollzogen, es gibt aber hierbei erhebliche Verbesserungen. Einige Änderungen wurden schrittweise schon 2017 und 2018 eingeführt. Ab 1.1.2020 sehen die Leistungen der Eingliederungshilfe sehen, dass im Rahmen der finanziellen Leistungsfähigkeit auch der Leistungsberechtigte einen eigenen Beitrag zu den steuerfinanzierten Leistungen beizutragen hat. Die rechtlichen Grundlagen finden sich in Kapitel 9 SGB IX.

Mehr dazu:
Bundesteilhabegesetz (Teil 3) – Einkommensanrechnung
Bundesteilhabegesetz (Teil 4) – Vermögensanrechnung
Bundesteilhabegesetz (Teil 5) – Vergleich der Anrechnungen

 

Antrag
§ 108 SGB IX

Für Leistungen der Eingliederungshilfe wird ein grundsätzliches Antragserfordernis geregelt. Im SGB XII gilt mit Ausnahme der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung die Offizialmaxime, d. h. der Träger hat von Amts wegen tätig zu werden (§ 18 SGB XII). Die Regelung ist mit der Notwendigkeit begründet, die Leistungen zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage unverzüglich erbringen zu können, ohne dass ein förmlicher Antrag vorliegen muss. Bei der Eingliederungshilfe tritt keine „gegenwärtige Notlage“ ein. Ein bestehender Bedarf an Leistungen der Eingliederungshilfe kann erst im Rahmen eines umfassenden Gesamtplanverfahrens ermittelt werden. Diese Begründung ist allerdings nicht besonders einleuchtend, da ja beispielsweise bei der Hilfe zur Pflege auch der Bedarf erst mal ermittelt werden muss; trotzdem ist die Leistung ohne Antrag sofort vom Sozialhilfeträger zu erbringen. Die Einführung des Antragsprinzips korrespondiert mit dem Anliegen, die Eingliederungshilfe aus dem System der Sozialhilfe herauszulösen.

Leistungen können ab Zeitpunkt der Antragstellung bewilligt werden, rückwirkend ab dem Ersten des Monats der Antragstellung.

Wenn in einem Gesamtplanverfahren ein Bedarf für Leistungen der Eingliederungshilfe ermittelt worden ist, ist ein Antrag für diese Leistungen nicht notwendig. Dies gilt nicht nur für das anfängliche Gesamtplanverfahren, sondern auch für das Verfahren zur Überprüfung und Fortschreibung des Gesamtplanes.

Zuständigkeit
§ 98 SGB IX

Die Regelung der Zuständigkeit richtet sich nun durchgängig nach dem gewöhnlichen Aufenthalt und entspricht im Ergebnis weitestgehend der geltenden Regelung zur örtlichen Zuständigkeit des § 98 SGB XII.

Diese Zuständigkeit bleibt bis zur Beendigung des Leistungsbezuges bestehen. Sie ist neu festzustellen, wenn für einen zusammenhängenden Zeitraum von mindestens sechs Monaten keine Leistungen bezogen wurden. Eine Unterbrechung des Leistungsbezuges wegen stationärer Krankenhausbehandlung oder medizinischer Rehabilitation gilt nicht als Beendigung des Leistungsbezuges.

Wenn der gewöhnliche Aufenthalt nicht ermittelt werden kann, muss für den tatsächlichen Aufenthalt zuständige Träger der Eingliederungshilfe über die Leistung unverzüglich entscheiden und sie vorläufig solange erbringen, bis gegebenenfalls der gewöhnliche Aufenthalt feststeht.

Der gewöhnliche Aufenthalt eines in einer Einrichtung mit Tag und Nacht Betreuung geborenen Kindes richtet sich nach dem der Mutter. Wegen der fehlenden Möglichkeit der Bezugnahme auf eine „stationäre Einrichtung“ im Recht der Eingliederungshilfe ist hier der Leistungsbezug „über Tag und Nacht“ eingefügt worden, der bisher nur im SGB VIII auftauchte.

Quellen: SOLEX, Bundestag, dejure.org

Artikelserie BTHG-Umsetzung auf FOKUS Sozialrecht:

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Starke-Familien-Gesetz im Bundesrat

Der Bundesrat begrüßt die von der Bundesregierung geplante Anhebung des Familienzuschlags, fordert aber noch Nachbesserungen:

Der Regierungsentwurf sieht weniger Anrechnung von Kindeseinkommen, (§ 6a Abs. 3 BKGG n.F.) vor. Der Bundesrat fordert nun, die geplante Obergrenze von 100 Euro, die bei der Anrechnung des Kindeseinkommens auf den Kinderzuschlag unberücksichtigt bleiben, zu streichen.

Die Regelung betrifft vor allem Alleinerziehende. Anders als die meisten Kinder aus Paarfamilien haben Kinder Alleinerziehender Einkommen in Form von Unterhalt oder Unterhaltsvorschuss, der den Kinderzuschlag in der Regel entfallen lässt. Diese Problematik wird durch den Gesetzentwurf angegangen, aber nicht mit der notwendigen Konsequenz. Die Regelung greift zu kurz, da die Anrechnungsquote zwar von 100 auf 45 Prozent reduziert wird, der Betrag, der unberücksichtigt bleiben darf, aber auf 100 Euro begrenzt ist. Älteren Kindern, denen relativ hohe Unterhalts- beziehungsweise Unterhaltsvorschussbeträge zustehen, wird deshalb auch nach der Neuregelung in erheblichem Umfang Einkommen angerechnet, so dass diese nicht besser gestellt sind als vorher.

Um auch die Alleinerziehenden mit älteren Kindern zu erreichen, muss die Begrenzung des unberücksichtigten Betrags auf 100 Euro entfallen. Die Streichung dieser Obergrenze hat zur Folge, dass die Höhe des Kinderzuschlags auch bei dieser Altersgruppe steigt und die Summe von Kindeseinkommen, Wohngeld und Kinderzuschlag künftig auch bei älteren Kindern höher liegt als nach der aktuellen Rechtslage. Gleichzeitig bewirkt sie, dass das Hinzutreten eines Anspruchs auf Unterhaltsvorschuss nicht mehr – wie es bisher in manchen Konstellationen der Fall ist – zu einer Reduzierung der Summe von Unterhaltsvorschuss, Wohngeld und Kinderzuschlag führt und sich somit im Ergebnis nachteilig auf die finanzielle Situation des Haushalts auswirkt. Dieses Schnittstellenproblem, das seit Langem besteht und durch die Reform des Unterhaltsvorschusses im Jahr 2017 nochmals an Bedeutung gewonnen hat, wird damit ebenfalls beseitigt.

Der Bundesrat fordert bessere Information und mehr Entbürokratisierung. Dass der Kinderzuschlag auch nach der Reform von voraussichtlich nur ca. 35 Prozent der Berechtigten in Anspruch genommen werde, könne nicht hingenommen werden.

Auch die Änderungen beim Bildungs- und Teilhabeangebot halten die Länder noch für verbesserungswürdig. So sollten auch bei Klassenfahrten keine gesonderten Anträge mehr erforderlich sein. Außerdem sei sicherzustellen, dass die Teilnahme an Lernfördermaßnahmen nicht daran scheitert, dass Schülerinnen und Schüler die Fahrtkosten nicht aufbringen können, um das Lernangebot anzunehmen. Die Beförderungskosten müssten deshalb ebenfalls übernommen werden. Zudem fordert der Bundesrat eine Regelung, wonach die Kosten fürs Mittagessen auch dann übernommen werden, wenn es nicht von der Schule selbst angeboten wird. Nach der derzeitigen Rechtslage besteht der Leistungsanspruch nur, wenn die Mittagsverpflegung der Schule obliegt. Die monatliche Unterstützung zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben muss nach Ansicht der Länder angehoben werden. Die bislang gewährten 10 Euro seien zu niedrig, um Aktivitäten wie Musikunterricht oder Sport nachzugehen.

Quelle: Bundesrat

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