Petition gegen Gesetzentwurf

Den Entwurf für das von der Bundesregierung geplante Gesetz für schnellere Termine und bessere Versorgung debattiert der Bundestag am Donnerstag, 13. Dezember 2018, in erster Lesung im Plenum. Der Bundesrat meldete zu einigen der Vorhaben Bedenken an, unter anderem gegen die geplante Ermächtigung des Gemeinsamen Bundesausschusses, den Zugang zur Psychotherapie neu zu steuern.

Zusatz zu § 92 Abs.6a

Es geht um folgenden Zusatz zu § 92 Abs.6a: „Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in den Richtlinien Regelungen für eine gestufte und gesteuerte Versorgung für die psychotherapeutische Behandlung einschließlich der Anforderungen an die Qualifikation der für die Behandlungssteuerung verantwortlichen Vertragsärzte und psychologischen Psychotherapeuten.“

Der § 92 SGB V beauftragt den Gemeinsamen Bundesausschuss „zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten“ zu beschließen.

Bundesrat fordert Streichung

Der Bundesrat sprach sie für die Streichung des Zusatzes aus. Der Erstkontakt zwischen Patient und Psychotherapeut sei erst im Jahr 2017 neu geregelt worden. Seitdem hätten sich die Wartezeiten auf ein Erstgespräch erheblich verkürzt. Bevor weitere Anpassungen vorgenommen würden, sollte die Evaluation dieser Neuregelung abgewartet werden.

Petition fordert Streichung

Jetzt gibt es eine Petition (Petition 85363), in der ebenfalls dringend dazu aufgefordert wird, den beanstandeten Satz zu streichen. Begründet wird dies in sieben Punkten:

  1. „Dieses Gesetzesvorhaben diskriminiert im Entwurf zum § 92 eine ganze Patientengruppe. Den psychisch kranken Patientinnen und Patienten wird damit aufgebürdet, oftmals enorme, hoch schambesetzte seelische Belastungen  gegenüber Behandlern darzustellen, die sie danach in der Regel nicht wiedersehen werden und die sie nicht selbst nach Vertrauensgesichtspunkten gewählt haben.
  2. Psychisch Kranken wird ein Hürdenlauf zugemutet, der sie unnötig belastet und gegenüber anderen Patientengruppen benachteiligt. Es entsteht ein neues Nadelöhr vor der eigentlichen Behandlung.
  3. Mit der Reform der Psychotherapie-Richtlinie 2017 sind neue Strukturen eingeführt worden, deren Auswirkungen zunächst erfasst und evaluiert werden müssten, bevor über neue Eingriffe entschieden werden kann.
  4. Der Entwurf zum § 92 diskriminiert darüber hinaus auch die psychotherapeutisch tätigen Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten, die aufgrund ihrer Fachkunde und Zulassung alle über die Qualifikation zur Diagnostik, Indikationsstellung und Behandlungsplanung verfügen.
  5. In einer Studie einer Krankenkasse wurde nachgewiesen, dass Psychotherapeuten korrekte Behandlungsindikationen stellen.
  6. Mehrere unabhängige Versorgungsstudien belegen, dass in Deutschland mit gutem Erfolg und zur hohen Zufriedenheit der Patienten behandelt wird und die Behandelten zuvor nachweislich erheblich psychisch belastet waren.
  7. Das geplante Vorgehen bindet völlig unnötig die Ressourcen von Ärzten und Psychotherapeuten, die damit der eigentlichen psychotherapeutischen Behandlung entzogen werden.

Die beabsichtigte Neuregelung kann nur als der ungerechtfertigte Versuch einer Rationierung von Behandlungsleistungen aufgefasst werden. Bei noch unzureichender Bedarfsdeckung soll offensichtlich die Versorgung durch Priorisierung und Behandlungseinschränkungen ‚fürsorglich eingehegt‘ werden. Das wäre ein folgenschwerer Eingriff in die Versorgungsstruktur psychisch kranker Menschen.“

Quelle: Petitionen/Bundestag, Fokus Sozialrecht

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Keine Anpassung der Regelsätze des Asylbewerberleistungsgesetz

Das Asylbewerberleistungsgesetz trat am 1. November 1993 in Kraft. Das Gesetz definiert Personengruppen, die im Falle der Hilfebedürftigkeit keine Leistungen nach SGB II bzw. SGB XII zur Sicherung des Lebensunterhalts erhalten, sondern nur Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz .

Urteil des BVG von 2012

Das Bundesverfassungsgericht hat am 18. Juli 2012 (Az. 1 BvL 10/10; 1 BvL 2/11; siehe www.bundesverfassungsgericht.de) entschieden, dass die Regelungen zu den Grundleistungen in Form der Geldleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG unvereinbar sind.

Der Gesetzgeber war verpflichtet, für den Anwendungsbereich des Asylbewerberleistungsgesetzes eine Neuregelung zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums zu treffen. Bis zu deren Inkrafttreten hatte das Bundesverfassungsgericht zur Berechnung Übergangsregelungen verbindlich (!) angeordnet.

Einkommens- und Verbrauchsstichprobe EVS

Methodisch wurde bei der Neuberechnung (1.3.2015) zur Ermittlung des Bedarfs für den notwendigen persönlichen Bedarf (Bargeldbedarfs) und der notwendigen Bedarfe für die Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG zukünftig auf die nach § 28 SGB XII vorgenommene Sonderauswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) zurückgegriffen. Mit der EVS wurde für Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG und nach dem SGB XII und SGB II grundsätzlich dieselbe Datengrundlage verwandt. Allerdings wurden einige Abteilungen (z.B. Hausrat und Gesundheitspflege) bei der Berechnung herausgenommen oder gekürzt, so dass die Beträge unter dem durch § 28 SGB XII definierten Existenzminimum liegen.

Dynamisierung

§ 3 Abs. 4 AsylbLG besagt, dass der Bargeldbedarf sowie der notwendige Bedarf jeweils zum 1. Januar eines Jahres entsprechend der Veränderungsrate nach § 28a des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch fortgeschrieben werden soll, also entsprechend den Regelbedarfsstufen der Sozialhilfe. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales soll jeweils spätestens bis zum 1. November eines Kalenderjahres die Höhe der Bedarfe, die für das folgende Kalenderjahr maßgebend sind, im Bundesgesetzblatt bekannt geben.

Verfassungswidrig

Gerade das ist aber weder am 1. November 2016 noch am 1. November 2017 passiert. Und auch in diesem Jahr wartete man bisher vergebens auf die Anpassung für das Jahr 2019. Da das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil von 2012 unter anderem vorgeschrieben hat, dass und wie die Leistungen dynamisiert werden sollen, handelt es sich wohl hierbei nun um eine verfassungswidrige Untätigkeit der Regierung.

Der Regelsatz der Regelbedarfsstufe 1 (Bargeldbedarf plus notwendiger Bedarf – alleinstehender oder alleinerziehender Erwachsener) beträgt 2019 wie in den vorigen Jahren 354 Euro.

Wäre § 3 Abs. 4 AsylbLG angewandt worden, müsste der Betrag bei 371 Euro liegen.

Quelle: SOLEX, Bundesverfassungsgericht, Tacheles

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Weiterbildung für alle

Mit den Neuregelungen durch das jetzt verabschiedete Qualifizierungschancengesetz soll der Zugang zur Weiterbildungsförderung für beschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erleichtert und die Förderung verbessert werden.
Der alte § 82 SGB III trug den Titel „Förderung besonderer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“. Damit war die Förderung grundsätzlich auf Beschäftigte ohne Berufsabschluss, von Arbeitslosigkeit bedrohte Beschäftigte und Beschäftigte in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) begrenzt.

§ 82 SGB III – Neufassung

Zum 1.1.2019 heißt der § 82 SGB III „Förderung beschäftigter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“, womit schon klar ist, dass die Weiterbildungsförderung jetzt für alle gelten soll, unabhängig von Qualifikation, Lebensalter und Betriebsgröße. Zudem soll die Förderung durch Zuschüsse zum Arbeitsentgelt grundsätzlich für alle beruflichen Weiterbildungen offen sein. Bei den Förderleistungen ist zu unterscheiden zwischen der Übernahme von Weiterbildungskosten für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Zuschüssen an den Arbeitgeber zum Arbeitsentgelt.

Die Förderung zielt vor allem auf die Verbesserung qualifikatorischer Anpassungsprozesse durch Teilnahme an längerfristigen hochwertigen Weiterbildungen, die eine Dauer von vier Wochen übersteigen und außerhalb des Betriebes durchgeführt werden. Die Maßnahmen zielen auf Beschäftigte, die berufliche Tätigkeiten ausüben, die durch Technologien ersetzt werden können, in sonstiger Weise von Strukturwandel betroffen sind oder die eine berufliche Weiterbildung in einem Engpassberuf anstreben, also in einem Beruf, in dem Fachkräftemangel besteht.

Voraussetzungen

Voraussetzungen für die Förderung sind daher:

  • es sollen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, die über ausschließlich arbeitsplatzbezogene kurzfristige Anpassungsfortbildungen hinausgehen,
  • der Erwerb eines Berufsabschlusses liegt mindestens 4 Jahre zurück,
  • die letzte mit öffentlichen Mitteln geförderte Weiterbildung liegt mindestens 4 Jahre zurück,
  • die Weiterbildung findet außerhalb des Betriebes statt,
  • sie dauert mindestens 4 Wochen,
  • die Maßnahme und der Träger der Maßnahme sind für die Förderung zugelassen.

Die Übernahme von Weiterbildungskosten und die Zahlung von Zuschüssen zum Arbeitsentgelt setzen in Abhängigkeit von der Unternehmensgröße grundsätzlich eine Kofinanzierung durch den Arbeitgeber voraus. Für bestimmte Personengruppen (ältere oder schwerbehinderte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in KMU oder solche in Kleinstbetrieben) sind Ausnahmen von diesem Grundsatz möglich.

Weiterbildungskosten

Weiterbildungskosten werden für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aller Betriebsgrößen übernommen:

  • bei Beschäftigten in Kleinstunternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten zu 100 Prozent,
  • in kleinen und mittleren Unternehmen mit 10 bis 250 Beschäftigten
    bis zu 50 Prozent
  • und bei größeren Betrieben über 250 Beschäftigte bis zu 25 Prozent.

Bei Betrieben mit weniger als 250 Beschäftigten kann von einer Kostenbeteiligung des Arbeitgebers abgesehen werden, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer

  1. bei Beginn der Teilnahme das 45. Lebensjahr vollendet hat oder
  2. schwerbehindert im Sinne des § 2 Absatz 2 des Neunten Buches ist.

Bei der Feststellung der Zahl der Beschäftigten sind Teilzeitbeschäftigte mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als

  • zehn Stunden mit 0,25,
  • 20 Stunden mit 0,50,
  • 30 Stunden mit 0,75

zu berücksichtigen.

Zuschüsse zum Arbeitsentgelt

Für alle Qualifizierungen, die länger als vier Wochen dauern, können Arbeitsentgeltzuschüsse geleistet werden:

  • maximal 25 Prozent für Beschäftigte in Betrieben ab 250 Beschäftigte,
  • bis zu 50 Prozent für Beschäftigte in kleinen und mittleren Unternehmen und
  • bis zu 75 Prozent für Beschäftigte in Kleinstunternehmen.

Für berufsabschlussbezogene Weiterbildungen (§ 81 Abs.2 SGB III) bleibt es wie bisher bei einer Zuschussoption von bis zu 100 Prozent (§ 81 Abs.5 SGB III).

Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Gesetzentwurf

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