Familienentlastung unzureichend?

Die von der Bundesregierung geplante Entlastung der Familien ist von mehreren Experten in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses als unzureichend kritisiert worden.

Wichtigste Kritikpunkte:

  • Alleinerziehende werden zu wenig berücksichtigt. Die Freibeträge für Alleinerziehende und Freibeträge für Erziehungs- und Ausbildungsbedarf sind seit mehreren Jahren nicht mehr angehoben worden und verlieren im Zeitablauf inflationsbedingt an Wert. Er liegt seit 2010 unverändert bei 1.320 Euro.
  • Gefordert wird eine deutliche Erhöhung des steuerlichen Existenzminimums. Insbesondere Bezieher des Mindestlohns sollten keine oder nur eine geringe Steuer entrichten müssen.
  • Nach Angaben des deutschen Kinderschutzbundes ist die Kinderarmut drastisch angestiegen. Erforderlich sei daher die Einführung einer Kindergrundsicherung von 619 Euro im Monat.
  • Höherverdienende werden durch die Nutzung des Kinderfreibetrages stärker entlastet als Steuerzahler mit niedrigerem Einkommen, denen Kindergeld gezahlt wird.

Entwurf

Der Entwurf des Familienentlastungsgesetzes sieht eine stufenweise Erhöhung von Kindergeld vor:

  • Ab 1. Juli 2019 soll das Kindergeld in der ersten Stufe um 10 Euro monatlich steigen.
  • Ab 1. Januar 2021 soll in einer weiteren Stufe eine weitere Erhöhung um 15 Euro erfolgen.

Die Kindergelderhöhung wird beim steuerlichen Kinderfreibetrag nachvollzogen. Als Jahresbetrag wächst er in zwei gleichen Teilen zum 1. Januar 2019 und zum 1. Januar 2020 um jeweils 192 Euro.

Auch für Erwachsene steigt der Grundfreibetrag, auf den keine Einkommensteuer gezahlt werden muss:

  • 2019 auf 9.168 Euro und
  • 2020 auf 9.408 Euro.

Wie bisher bei jeder Kindergelderhöhung gehen auch diesmal Familien, die im Bezug von SGB II-Leistungen stehen, leer aus. Denn nach wie vor wird das Kindergeld auf die Regelsätze angerechnet.

Quelle: Bundestag,

Abbildung: Fotolia_130138477_Subscription_XL.jpg

Zwangs- und freiheitsentziehende Maßnahmen nur als Ultima Ratio – Stellungnahme des Deutschen Ethikrats

Zwangs- und freiheitsentziehende Maßnahmen (FeM) nur als letztes Mittel:
Am 1. November 2018 hat der Deutsche Ethikrat eine gut 270-seitige Stellungnahme zu diesem Thema veröffentlicht. Soweit es betreuungsrechtliche Vorgaben gibt, wird in der Stellungnahme auch auf diese Bezug genommen.

Aufgezeigt werden die aktuelle Situation sowie Handlungsbedarfe in Praxis und Gesetzgebung – jeweils für die Professionen Altenpflege, Psychiatrie, Behindertenhilfe sowie Kinder- und Jugendhilfe.

Der Deutsche Ethikrat möchte mit seiner Stellungnahme eine gesellschaftliche Diskussion zu diesen Maßnahmen anregen – mit dem Ziel, Politik, Gesetzgeber und Angehörigen von Gesundheits- und Sozialberufen Regelungs- und Umsetzungsdefizite aufzeigen.

Grundsätzlich ist der Ethikrat der Auffassung, dass die Anwendung von Zwang im Kontext professioneller Sorgebeziehungen nur als Ultima Ratio in Betracht kommt. Das heißt zunächst, dass Rahmenbedingungen, Strukturen und Prozesse so gestaltet werden sollten, dass Zwang möglichst vermieden wird. Kommt es dennoch zu Situationen, in denen eine Person schweren Schaden zu nehmen droht, etwa weil sie sich einer erforderlichen medizinischen Maßnahme widersetzt, so muss durch beharrliche Überzeugungsarbeit versucht werden, die freiwillige Zustimmung oder Mitwirkung des Betroffenen zu erzielen. Auch müssen vor der Durchführung einer Zwangsmaßnahme alle zur Verfügung stehenden weniger eingreifenden Möglichkeiten ausgeschöpft werden, mit denen das gleiche Ziel erreicht werden kann.

Zwangsmaßnahmen dürfen nur in Situationen in Erwägung gezogen werden, in denen ein Sorgeempfänger in seiner Fähigkeit zur Selbstbestimmung so stark eingeschränkt ist, dass er keine freiverantwortliche Entscheidung zu treffen vermag. Das bedeutet umgekehrt, dass der freie Wille einer voll selbstbestimmungsfähigen Person auch dann zu respektieren ist, wenn ihr erhebliche Risiken für Leib und Leben drohen. Die Fähigkeit zur Selbstbestimmung ist damit der zentrale normative Bezugspunkt im Umgang mit Zwang, auch wenn die Grenze der fehlenden Freiverantwortlichkeit in der Praxis schwer zu ziehen ist.

Jede Zwangsmaßnahme bedeutet in letzter Konsequenz eine Fremdbestimmung des Gezwungenen. Umso wichtiger ist es, ihre Durchführung so zu gestalten, dass Achtung und Respekt vor der individuellen Person und ihrer Selbstbestimmung soweit als möglich gewährleistet bleiben. Das bedeutet unter anderem, dass ihr Anspruch auf Partizipation durch Einbeziehung in die Planung und Durchführung sowie die Nachbereitung einer Zwangsmaßnahme durchgesetzt werden muss.

Bei der Abwägung der Vor- und Nachteile einer Zwangsmaßnahme muss stets auch die Möglichkeit sekundärer Schäden etwa in Form von Demütigung, Traumatisierung oder Vertrauensverlust berücksichtigt werden. Die Dauer von Zwangsmaßnahmen sollte so kurz wie möglich gewählt werden. Um dies sicherzustellen, muss in angemessenen zeitlichen Abständen regelmäßig überprüft werden, ob die Voraussetzungen für den Einsatz von Zwangsmaßnahmen weiterhin vorliegen. Wegen ihres exzeptionellen Charakters müssen Zwangsmaßnahmen sorgfältig dokumentiert und in regelmäßigen Abständen ausgewertet werden. Maßnahmen der Qualitätssicherung inklusive Fehlermeldesysteme und Beschwerdemanagement sollten auch Zwangsmaßnahmen erfassen.

An Zwangsmaßnahmen beteiligtes Personal sollte speziell geschult sein. Die interkulturelle Kompetenz der professionell Sorgenden sollte gefördert werden. Auch sollten Strukturen geschaffen werden, die kulturelle und sprachliche Barrieren minimieren. Professionell Sorgende, die an Zwangsmaßnahmen beteiligt sind, sollten Unterstützung und Begleitung erhalten, um die im Umgang mit Zwang gemachten eigenen Erfahrungen kognitiv und emotional zu verarbeiten. Kollegiale Beratungsgremien sollten etabliert werden, die sich mit dem Einsatz von Zwangsmaßnahmen prospektiv und retrospektiv befassen.

Die Öffentlichkeit sollte für die ethisch und rechtlich problematischen Aspekte von Zwangsmaßnahmen im Umgang mit psychisch Kranken in Krisensituationen, Kindern und Jugendlichen in schwierigen familiären und sozialen Verhältnissen sowie pflegebedürftigen alten und behinderten Menschen sensibilisiert werden. Dabei fällt den Medien die wichtige Aufgabe einer differenzierten und sachangemessenen Berichterstattung zu.

Zusätzlich zu diesen (und weiteren) grundsätzlichen Empfehlungen für den verantwortungsvollen Umgang mit Zwang in professionellen Sorgebeziehungen hat der Ethikrat eine Vielzahl bereichsspezifischer Empfehlungen für die Praxisfelder Psychiatrie, Kinder- und Jugendhilfe sowie Altenpflege und Behindertenhilfe formuliert, die in der Stellungnahme nachgelesen werden können:

>>Stellungnahme [PDF-Datei, 271 Seiten]: „Hilfe durch Zwang? Professionelle Sorgebeziehungen im Spannungsfeld von Wohl und Selbstbestimmung“

Quelle: Pressekonferenz des Deutschen Ethikrates

Abbildung: pixabay.com – geralt

Behinderten – Pauschbetrag seit 1975 unverändert

Auf eine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion zur Entwicklung der steuermindernden Pauschbeträge hin erklärt die Bundesregierung, dass sich diese Pauschbeträge in den vergangenen Jahren kaum verändert haben. So ist demnach der Sonderausgabenpauschbetrag seit Anfang des Jahrs 2002 unverändert, der Arbeitnehmerpauschbetrag ist seit 2011 gleich, die Behinderten-Pauschbeträge sind sogar seit 1975 unverändert geblieben.

Wegen der außergewöhnlichen Belastungen, die behinderten Menschen unmittelbar infolge der Behinderung erwachsen, erhalten sie steuerliche Erleichterungen. Insbesondere kann – anstatt Einzelnachweise für die höheren Kosten zu führen, die durch die Behinderung entstehen – ein sogenannter Behinderten-Pauschbetrag geltend gemacht werden.
Hierzu ist der Nachweis einer Behinderung durch die zuständige Behörde nötig, der mit der Steuererklärung für den jeweiligen Veranlagungszeitraum eingereicht werden muss (Schwerbehindertenausweis, Feststellungsbescheid, besondere Bescheinigung durch das Versorgungsamt, Rentenbescheid). Sofern eine Lohnsteuerkarte vorliegt (der Betroffene also unselbständig beschäftigt ist), gelten die Pauschalbeträge nach § 33b EStG, die auf der Lohnsteuerkarte vermerkt werden.

Die Höhe des Pauschalbetrages für Behinderte soll die mit zunehmender Schwere der Behinderung ansteigenden typischen behinderungsbedingten Aufwendungen abdecken. Liegen mehrere Behinderungen vor, kann nur ein einziger Behinderten-Pauschbetrag in Ansatz gebracht werden, der aber sämtliche Behinderungen berücksichtigt.

Die Höhe des Behinderten-Pauschbetrag beträgt: (Stand: Dezember 2018)

  • bei einem Grad der Behinderung von 25 und 30        310 EUR
  • bei einem Grad der Behinderung von 35 und 40        430 EUR
  • bei einem Grad der Behinderung von 45 und 50        570 EUR
  • bei einem Grad der Behinderung von 55 und 60        720 EUR
  • bei einem Grad der Behinderung von 65 und 70        890 EUR
  • bei einem Grad der Behinderung von 75 und 80      1.060 EUR
  • bei einem Grad der Behinderung von 85 und 90      1.230 EUR
  • bei einem Grad der Behinderung von 95 und 100    1.420 EUR
  • bei hilflosen und blinden Personen                            3.700 EUR

Die Bundesregierung befürchtet erhebliche Mindereinnahmen bei einer deutlichen Erhöhung der Pauschbeträge; auch eine Indexierung , wie sie in anderen Ländern wie der Schweiz, Frankreich oder USA üblich ist, lehnt sie ab. Das würde die Ausbreitung von Indexierungsregelungen innerhalb des Steuerrechts und in andere Rechtsbereiche mit dem Risiko einer Verstärkung oder gar Förderung von Inflationstendenzen bedeuten. Außerdem würde das Parlament einen Teil seiner Budgethoheit verlieren.

Im übrigen seien die Möglichkeiten der steuerlichen Anerkennung behinderungsbedingter Mehraufwendungen an anderer Stelle verbessert worden.

Quellen: Bundestag, Finanzielle Hilfen für Menschen mit Behinderung

Abbildung: Fotolia_63831114_Subscription_XXL.jpg