Barrierefreier Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen

Die Bundesregierung hat den Gesetzentwurf „Gesetz zur Verlängerung befristeter Regelungen im Arbeitsförderungsrecht und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/2102 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen“ am 27. April 2018 im Bundestag vorgestellt. Mit diesem Gesetz soll unter anderem der barrierefreie Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen durchgesetzt werden:

Die Europäische Union hat 2016 die Richtlinie (EU) 2016/2102 verabschiedet, die am 23. Dezember 2016 in Kraft getreten ist. Zweck der Richtlinie ist, digitale Produkte und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen besser zugänglich zu machen. Zu diesem Zweck müssen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, die einen barrierefreien Zugang zu Websites und mobilen Applikationen öffentlicher Stellen regeln, angeglichen werden. Grundlage zur Schaffung eines solchen Zugangs sind die weltweit anerkannten Empfehlungen der Richtlinien für barrierefreie Internetinhalte („Web Content Accessibility Guidelines – WCAG 2.0“). Diese Empfehlungen legen fest, wie Websites und deren Inhalte gestaltet sein müssen, damit sie für Menschen mit Behinderungen barrierefrei nutzbar sind.

Die Umsetzung in nationales Recht muss bis spätestens zum 23. September 2018 erfolgen. Der nun vorliegende Gesetzentwurf, den die Bundesregierung am 27. April im Bundesrat einbrachte, sieht folgende Änderungen vor:

  • Anpassung des Anwendungsbereichs des bisherigen § 12 Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) an den Anwendungsbereich der Richtlinie,
  • Angleichung der Regelungen für Internet und Intranet öffentlicher Stellen des Bundes und Verankerung einer grundsätzlich umfassenden und nicht mehr aufzuschiebenden Pflicht zur barrierefreien Gestaltung aller vom Anwendungsbereich umfassten Webinhalte im Einklang mit den in der Richtlinie festgelegten Umsetzungsfristen,
  • Aufnahme einer Ausnahmeregelung für den Fall einer unverhältnismäßigen Belastung für die öffentlichen Stellen,
  • Regelung einer Erklärung zur Barrierefreiheit der Websites und mobilen Anwendungen, die einen Feedbackmechanismus und eine Verlinkung auf das Durchsetzungsverfahren bei der Schlichtungsstelle enthält,
  • Einrichtung einer Überwachungsstelle bei der Bundesfachstelle Barrierefreiheit und Regelung des periodischen Monitorings,
  • Anpassung der Regelung zur Berichterstattung der obersten Bundesbehörden mit Erweiterung hinsichtlich eines periodischen Berichts über den Stand der Barrierefreiheit im Bereich Informationstechnik,
  • Regelung einer Berichterstattung der Länder an den Bund zur Vorbereitung des Berichts der Bundesrepublik Deutschland an die Kommission.

Betroffen von der Änderung sind insbesondere der Bund, die Länder und die Gemeinden, sowie juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, wenn sie im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht-gewerblicher Art erfüllen, z. B. Sozialversicherungsträger, Kultureinrichtungen.

Für Schulen und Kitas können die Bundesländer Ausnahmen vorsehen.

Quellen:

Abbildung: fotolia – vege

Weiterentwicklung der Assistierten Ausbildung gefordert

Der Bundesrat hat sich in seiner Sitzung am 27. April 2018 dafür ausgesprochen, das Instrument der Assistierten Ausbildung sowohl fachlich als auch inhaltlich weiterzuentwickeln und zu entfristen. Dies geht aus seiner Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung hervor (Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung befristeter Regelungen im Arbeitsförderungsrecht und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/2102 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen).

Dieser Entwurf zielt unter anderem darauf ab, die Assistierte Ausbildung für lernschwache Jugendliche um zwei Jahre zu verlängern. Der Bundesrat sieht allerdings die Notwendigkeit der Weiterentwicklung und diversen Verbesserungsbedarf. Weiterentwicklung der Assistierten Ausbildung gefordert weiterlesen

Fristverlängerungen für Maßnahmen im Arbeitsförderungsrecht

Das Arbeitsförderungsrecht enthält eine Reihe von befristeten Regelungen, die laut Gesetz demnächst auslaufen würden. Um deren Gültigkeit zu verlängern, hat die Bundesregierung den Gesetzentwurf „Gesetz zur Verlängerung befristeter Regelungen im Arbeitsförderungsrecht und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/2102 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen“ eingebracht und am 27. April 2018 im Bundestag vorgestellt.

Mit diesem Gesetz, das am Tag nach Verkündung in Kraft treten soll, sollen folgende Arbeitsförderungsmaßnahmen verlängert werden:

Maßnahmen der Assistierten Ausbildung
(§ 130 SGB III)

Laut derzeit geltendem Recht können diese Maßnahmen noch bis zum 30. September 2018 beginnen. Damit steht das Instrument, das auch im Rechtskreis des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) gilt, letztmals für das im Sommer 2018 beginnende Ausbildungsjahr zur Verfügung.

Um breitere Erkenntnisse über die Wirkung der Assistierten Ausbildung gewinnen und auf dieser Grundlage dauerhaft über die Zukunft des befristeten Instruments beraten und entscheiden zu können, soll mehr Zeit zur Verfügung gestellt werden. Die Assistierte Ausbildung soll deshalb um zwei Ausbildungsjahrgänge verlängert werden.

Sonderregelungen für Ausländerinnen und Ausländer mit Bleibeperspektive
(§§ 131, 132 SGB III)

Mit dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz und dem Integrationsgesetz wurde der Zugang zu bestimmten Leistungen der Arbeitsförderung nach dem SGB III für Personen ausgeweitet, denen der Aufenthalt in Deutschland gestattet worden ist und die eine gute Bleibeperspektive haben. Dies gilt zum Teil auch für Geduldete und für Inhaberinnen und Inhaber bestimmter humanitärer Aufenthaltstitel. Diese Ausweitung ist derzeit bis zum 31. Dezember 2018 befristet.

Die zukünftige Ausgestaltung des Zugangs dieser Personengruppen zu Leistungen der aktiven Arbeitsförderung befindet sich in einer breiten politischen Diskussion. Für die Beratungen und die Umsetzungen ihrer Ergebnisse soll hinreichend Zeit bestehen. Die Sonderregelungen zur Eingliederung von Ausländerinnen und Ausländern mit Aufenthaltsgestattung und für die Ausbildungsförderung von Ausländerinnen und Ausländern werden jeweils um ein Jahr verlängert.

Sonderregelung zum Saison-Kurzarbeitergeld im Gerüstbauerhandwerk
(§ 133 SGB III)

Diese Sonderregelung ist zurzeit bis zum 31. März 2018 befristet. Ohne eine Verlängerung würde die Regelung in der nächsten Schlechtwetterzeit ab Herbst 2018 nicht mehr gelten. Damit wäre das Ziel der Förderung, Arbeitslosigkeit im Winter möglichst zu vermeiden, im Gerüstbauerhandwerk gefährdet.

Für den Bereich des Gerüstbauerhandwerks wird die Sonderregelung zum Saison-Kurzarbeitergeld daher bis zum 31. März 2021 verlängert.

Sonderregelung zur verkürzten Anwartschaftszeit des Alg I für überwiegend kurz befristet Beschäftigte  (§ 142 Abs. 2 SGB III)

Die Sonderregelung im Recht der Arbeitslosenversicherung, nach der die Anwartschaftszeit für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld für überwiegend kurz befristet Beschäftigte auf sechs Monate verkürzt wird, ist zurzeit bis zum 31. Juli 2018 befristet.

Die Regelung wird bis 31. Juli 2021 verlängert.

Quelle: Entwurf der Bundesregierung: „Gesetz zur Verlängerung befristeter Regelungen im Arbeitsförderungsrecht und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/2102 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen

Abbildung: fotolia – ferkelraggae

Neuausrichtung der Grundsicherung für Arbeitslose: Positionspapier der Paritätischen

Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat ein „Konzept zur Neuausrichtung der Grundsicherung für Arbeitslose“ vorgelegt, in der einen konsequenten Paradigmenwechsel fordert. Das „negativen Menschenbild, das dem System Hartz IV zu Grunde liege“ müsse gebrochen werden, so der Wohlfahrtsverband in seiner Pressemitteilung. Stattdessen müsse Respekt und die Würde des Menschen in das Zentrum des Hilfe- und Unterstützungssystems für Arbeitslose rücken. Neuausrichtung der Grundsicherung für Arbeitslose: Positionspapier der Paritätischen weiterlesen

Giffey kündigt Kita-Qualitätsgesetz an

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) will noch in diesem Jahr ein Gesetz zur Qualität der Kindertagesstätten und der Kindertagespflege in die parlamentarische Beratung einbringen. Dies kündigte Giffey am 25. April 2018 vor dem Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend an.

Ziel des Gesetzes sei es, bundesweit gültige Qualitätskriterien für die Kinderbetreuung festzulegen und die Gebühren für Kitas zu senken. Gemeinsam mit den Ländern habe man sich auf verschiedene Instrumente, etwa beim Betreuungsschlüssel, geeinigt, führte die Ministerin aus. Giffey informierte den Ausschuss über ihre Vorhaben für 2018 und stellte sich den Nachfragen der Abgeordneten.

Vorbereitet werden soll in diesem Jahr auch die Verankerung auf Ganztagsbetreuung von Kindern im Grundschulalter im Achten Buch Sozialgesetzbuch. Dieses Gesetzesvorhaben werde allerdings noch etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen, sagte Giffey. In die Ressortabstimmung zwischen den zuständigen Ministerien soll zudem die geplante Erhöhung des Kinderzuschlags gehen. Es sei ein „Fehlanreiz“, wenn der Kinderzuschlag gänzlich entfalle, wenn eine Mutter sich entschließe, etwas mehr zu arbeiten und zu verdienen, sagte Giffey. Diese „harte Abbruchkante“ soll durch ein stufenweises Abschmelzen des Kinderzuschlages ersetzt werden, kündigte sie an.

Die Familienministerin will zudem verstärkt gegen Mobbing von Kindern und Jugendlichen an Schulen vorgehen. Mit Beginn des neuen Schuljahres würden deshalb 170 „Anti-Mobbing-Profis“ an die betroffenen Schulen entsandt, um entsprechende Workshops zu veranstalten und zu beraten. Dafür würden in diesem Jahr rund 20 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, sagte Giffey. Fortgesetzt werden soll auch das Bundesprogramm „Demokratie leben!“. Dieses war ursprünglich bis 2019 begrenzt gewesen.

Quelle: Heute im Bundestag (hib 265/2018)

Abbildung: fotolia – PhotoSG

Anspruch auf Präventivmaßnahmen zur Zahngesundheit für Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen

Pflegebedürftige ab dem Pflegegrad 1 sowie behinderte Menschen, die Eingliederungshilfe nach § 53 SGB XII erhalten, haben gemäß § 22a SGB V Anspruch auf Leistungen zur Verhütung von Zahnerkrankungen.

Die Leistungen umfassen insbesondere die Erhebung eines Mundgesundheitsstatus, die Aufklärung über die Bedeutung der Mundhygiene und über Maßnahmen zu deren Erhaltung, die Erstellung eines Planes zur individuellen Mund- und Prothesenpflege sowie die Entfernung harter Zahnbeläge.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat nun zur näheren Ausgestaltung und Abrechnung der Prophylaxeleistungen eine „Richtlinie über Maßnahmen zur Verhütung von Zahnerkrankungen bei Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen: Erstfassung (Richtlinie nach § 22a SGB V)“ erlassen, die am 1. Juli 2018 in Kraft tritt. Anspruch auf Präventivmaßnahmen zur Zahngesundheit für Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen weiterlesen

Volljährig gewordener Unbegleiteter Minderjähriger behält Recht auf Familienzusammenführung

Ein unbegleiteter Minderjähriger, der während des Asylverfahrens volljährig wird, behält sein Recht auf Familienzusammenführung. Dies hat der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 12.04.2018 entschieden. Allerdings müsse ein solcher Antrag auf Familienzusammenführung innerhalb einer angemessenen Frist gestellt werden, das heißt grundsätzlich innerhalb von drei Monaten ab dem Tag, an dem der Minderjährige als Flüchtling anerkannt worden ist (Az.: C-550/16). Volljährig gewordener Unbegleiteter Minderjähriger behält Recht auf Familienzusammenführung weiterlesen

Abschaffung der Hartz IV-Sanktionen?

Leistungskürzungen aufgrund von Sanktionen im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende sind bereits seit längerem in der Kritik. Hier eine Übersicht über die aktuelle Statistik der Bundesagentur für Arbeit, eine Zusammenfassung zum dazu anhängigen Verfahren beim Bundesverfassungsgericht sowie die Mitteilung des Paritätischen Gesamtverbandes ein eigenes Konzept zur Reform der Hartz IV-Regelungen vorlegen zu wollen.

Zahlen der Bundesagentur für Arbeit

Die Jobcenter haben im Jahr 2017 Sanktionen gegen 952.840 Leistungsberechtigte ausgesprochen. Wie sich aus der Pressemitteilung der Bundesagentur für Arbeit ergibt, ist damit die Zahl der Leistungskürzungen im Vergleich zu 2016 um 13.700 gestiegen.

Gründe für die Sanktionen:

  • Mit 77 Prozent (733.800 Leistungsberechtigte) entfällt ein Großteil der Sanktionen auf Melde- bzw. Terminversäumnisse.
  • Gut 10 Prozent (98.860 Leistungsberechtigte) erhielten eine Leistungskürzung, weil sie sich weigerten, eine Arbeit oder eine Maßnahme aufzunehmen oder diese grundlos abgebrochen haben.
  • Bei fast 9 Prozent (83.380 Leistungsberechtigte ) wurden Pflichtverletzungen gegen die Eingliederungsvereinbarung sanktioniert.

„Drei von vier Sanktionen entstehen schlicht deshalb, weil vereinbarte Termine im Jobcenter gar nicht erst wahrgenommen werden. Dabei bieten die Jobcenter auch einen Erinnerungsservice per SMS an“ so Detlef Scheele, Vorstandsvorsitzender der BA. Den Erinnerungsservice per SMS haben die Jobcenter eingerichtet, um die Zahl der Terminversäumnisse zu reduzieren. Wenn sich Kunden für den Service angemeldet haben, wird 24 Stunden vor einem vereinbarten Termin eine Erinnerung auf das Handy verschickt. Wer dann nicht erscheint, muss mit einer Absenkung der reguläre Regelleistung um 10 Prozent rechnen.

Von Sanktionen sind junge Menschen unter 25 Jahren besonders betroffen, da das SGB II bei diesem Personenkreis („U25“) bereits beim ersten Regelverstoß, der über ein Meldeversäumnis hinausgeht, eine hundertprozentige Sanktion der Regelleistung vorsieht. Kommt innerhalb eines Jahres ein weiterer Pflichtverstoß dazu, kann zudem die Miete gekürzt werden. Scheele dazu: „Das bereitet uns Sorge, weil die strikten Sonderregelungen bei Jugendlichen zu besonders einschneidenden Leistungskürzungen führen“. Er zeigt sich hier offen für Veränderungen.

Generell sieht Scheele die Kürzung der Miete, von der sowohl Jugendliche als Erwachsene bei wiederholten Verstößen betroffen sind, als problematisch an: „Drohende Wohnungslosigkeit hilft uns bei der Vermittlung und auch sonst nicht weiter.“

Anhängiges Verfahren beim Bundesverfassungsgericht

Ob es an der polititschen Diskussion, die zu Hartz IV aufgeflammt ist oder an Berichten und Auswertungen der Mitarbeiter der Jobcenter, die den Vorstandsvorsitzenden der BA zu diesen kritischen Aussagen bewegt hat, ist nicht bekannt.

Möglicherweise liegt dies auch an der ausstehenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den Sanktionsregelungen im SGB II.

Unter dem Aktenzeichen 1 BvL 7/16 wird das Verfahren geführt, das wohl noch in 2018 vom Bundesverfassungsgericht entschieden wird. Vorgelegt wurde die Frage, ob die Sanktionsregelungen in § 31a in Verbindung mit §§ 31 und 31b des SGB II mit Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG (Sozialstaatlichkeit) und dem sich daraus ergebenden Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und mit Art. 12 GG vereinbar sind.

Auf den Prüfstand stellte das Sozialgericht Gotha die Hartz IV-Sanktionen. Es hatte Anfang August 2016 die Verfassungsmässigkeit der Sanktionsregeln gegen Arbeitsuchende im Bereich der Grundsicherung nach dem SGB II in Zweifel gezogen.  und die Sache dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung über die Vereinbarkeit der Sanktionsregeln mit dem Grundgesetz vorgelegt und das erstinstanzliche Verfahren ausgesetzt.

Dieser Sachverhalt liegt dem ausgesetzten Verfahren zugrunde: Der Kläger stand beim Jobcenter Erfurt im Leistungsbezug. Nachdem er zunächst ein Arbeitsangebot abgelehnt hatte, wurde ihm die Leistung um 30 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs monatlich gekürzt. Wegen einer weiteren Pflichtverletzung, der Kläger hatte gegen eine Eingliederungsvereinbarung verstoßen indem er einen Gutschein zur Erprobung bei einem Arbeitgeber nicht einlöste, verfügte das Jobcenter eine Minderung des Regelbedarfs um 60 Prozent. Dagegen beschritt der Kläger den Rechtsweg und reichte beim zuständigen Sozialgericht Gotha Anfechtungsklage ein. Zur Begründung hat er u.a. vorgetragen, dass eine Anwendung der Sanktionsregelungen des SGB II nicht in Betracht käme, da diese verfassungswidrig seien.

Die Richter des Sozialgerichts Gotha bezweifeln, dass § 31a i.V.m. §§ 31 und 31b SGB II mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums vereinbar ist, weil sich das für die Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums maßgebliche Arbeitslosengeld II auf Grund von Pflichtverletzungen um 30 bzw. 60 Prozent des für die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person maßgebenden Regelbedarfs mindert bzw. bei weiteren Pflichtverletzungen vollständig entfällt. Das Bundesverfassungsgericht habe in der Vergangenheit immer wieder betont, dass die Garantie der Menschenwürde eine Sicherstellung des Existenzminimums im Einzelfall verlangt. Es sei nunmehr aufgefordert, darüber entscheiden, welchen Spielraum der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Grundrechte, insbesondere des Schutzes der Menschenwürde und des Sozialstaatsprinzips habe.

Paritätischer kündigt eigenes Konzept zur Reform von Hartz IV an

In einer Pressemitteilung vom 11. April 2018 fordert der Partiätische Gesamtverband eine vollständige Abschaffung der Sanktionen. Notwendig sei eine komplette Neuausrichtung der Grundsicherung. Der Verband kündigt an, noch im April 2018 ein eigenes Konzept zur Reform von Hartz IV vorzulegen.

Der Verband begrüßt, dass auch der Vorstandsvorsitzende der BA Veränderungsbedarf einräume. Aus Sicht des Paritätischen sind jedoch kleine Korrekturen nicht ausreichend.

„Die Sanktionen gehören vollständig abgeschafft. Wir müssen weg von dieser misanthropischen Grundhaltung, die Hartz IV prägt, hin zu einem echten Hilfesystem. Hilfe statt Strafe muss die Richtschnur sein“, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes.

Quellen:

 

Informationsplattform zum bedingungslosen oder solidarischen Grundeinkommen

Die neue Informationsplattform „Bedingungsloses und solidarisches Grundeinkommen – Konzepte in der Diskussion“ stellt wissenschaftliche Literatur zum Thema zusammen und wirft einen Blick auf die aktuelle Diskussion. Informationsplattform zum bedingungslosen oder solidarischen Grundeinkommen weiterlesen