Statistisches Bundesamt veröffentlicht Engpassbetrachtung für erwerbsmäßig tätige Pflegekräfte

Der Pflegeberuf steht bereits seit einigen Jahren im Fokus des öffentlichen Diskurses als sogenannter Engpassberuf. Aufgrund demografischer Entwicklungen und deren Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt hat das Statistische Bundesamt den Beruf in einer Engpassbetrachtung im Rahmen der Pflegekräftevorausberechnung 2024 bewertet. Diese Analyse beleuchtet die zukünftigen Herausforderungen und den erwarteten Bedarf an Pflegekräften, der durch den demografischen Wandel sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite erheblich beeinflusst wird.

Demografische Entwicklung

Demografische Entwicklungen beeinflussen den Pflegearbeitsmarkt sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite erheblich. In den kommenden drei Jahrzehnten erreichen die geburtenstarken Jahrgänge das Alter von 80 Jahren. Die Wahrscheinlichkeit, pflegebedürftig zu werden, liegt in der Altersgruppe der 80- bis 84-Jährigen bereits bei 25 % der Männer und 35 % der Frauen. Ab 90 Jahren steigt diese Wahrscheinlichkeit auf 70 % bei den Männern und 86 % bei den Frauen. Diese Entwicklung erhöht den Bedarf an Pflegekräften erheblich. Gleichzeitig wirkt sich die demografische Entwicklung auch auf der Angebotsseite aus: Die Babyboomer-Generation wird in den nächsten 10 bis 15 Jahren den Arbeitsmarkt verlassen, während aus den jüngeren Jahrgängen weniger Menschen nachrücken.

Bedarf und Angebot von Pflegekräften bis 2049

Diese Vorausberechnungen dienen dazu, den potenziellen Engpass am Pflegearbeitsmarkt in der Zukunft zu quantifizieren. Der Vergleich zwischen dem vorausberechneten Bedarf und dem Angebot an Pflegekräften zeigt, dass der künftige Bedarf deutlich höher sein wird als die zu erwartende Zahl an Pflegekräften. Laut Statistischem Bundesamt könnten bei einer positiven Trendentwicklung in zehn Jahren bereits rund 90.000 Pflegekräfte fehlen. Bis 2049 könnte sich diese Zahl auf fast 280.000 verdreifachen. Insgesamt würden somit knapp ein Fünftel mehr Pflegekräfte benötigt als 2019 im Einsatz waren. Sollte der positive Trend nicht anhalten, könnte die Lücke zwischen verfügbaren und benötigten Pflegekräften noch größer werden: In zehn Jahren könnte der Engpass bei rund 350.000 Pflegekräften liegen, und bis 2049 würden in diesem Szenario etwa 690.000 Pflegekräfte fehlen, was mehr als einem Drittel der 2019 tätigen Pflegekräfte entspricht.

Quellen: destatis.de, Beraterbrief Pflege Ausgabe Juni 2024/11

Entwicklungen im Pflegemarkt

Wegen der Insolvenzwelle im Pflegebereich stellte die CDU/CSU-Fraktion eine kleine Anfrage an die Bundesregierung zu ihrer Einschätzung der mittel- bis langfristigen Entwicklungen im Pflegemarkt.

Anstieg der pflegebedürftigen Menschen

In ihrer Antwort berichtet die Bundesregierung, dass den Ergebnissen der Pflegevorausberechnung 2023 des Statistischen Bundesamtes zufolge die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in Deutschland von rund fünf Millionen Ende 2021 auf etwa 6,8 Millionen im Jahr 2055 ansteigen werde.  Dies entspreche einer Zunahme von rund 37 Prozent, führt die Bundesregierung weiter aus. Insofern sei zu erwarten, dass auch die Nachfrage nach Angeboten der pflegerischen Versorgung in den nächsten Jahren weiter ansteigen wird.

Pflege zu Hause stegt weiter

Dabei ist der Antwort zufolge zu beachten, dass hinsichtlich der prognostizierten Anstiege Unterschiede zwischen den Ländern beziehungsweise zwischen einzelnen Regionen zu erwarten sind. Die Entwicklung des Pflegemarkts wird zudem auch von den nachgefragten Versorgungsarten beeinflusst, wie die Bundesregierung des Weiteren schreibt. So sei der Anteil der pflegebedürftigen Personen, die in der eigenen Häuslichkeit versorgt wurden, in den vergangenen Jahren weiter angestiegen.

Neue Wohnformen

„Laut aktueller Pflegestatistik werden etwa 84 Prozent der Pflegebedürftigen (4,17 Millionen) zu Hause durch pflegende An- und Zugehörige und/oder ambulante Pflegedienste versorgt“, heißt es in der Antwort ferner. Auch vor diesem Hintergrund sei zu beobachten, dass viele Träger neue Wohnformen aufbauen, die das Ziel verfolgen, Angebote klassischer Pflegeheime zu substituieren. In der Regel seien dies Angebote, die betreutes Wohnen, Tagespflege sowie Unterstützung durch ambulante Pflegedienste kombinieren.

Zentrale Rolle privater Träger

In Bezug auf den prognostizierten Ausbau der Pflegeinfrastruktur nehmen private Träger von Pflegeeinrichtungen der Bundesregierung zufolge eine zentrale Rolle ein. Bereits seit Einführung der sozialen Pflegeversicherung im Jahr 1995 trügen private Träger dazu bei, „dass das Angebot an Pflegeeinrichtungen den steigenden Bedarfen für pflegerische Leistungen entsprechen kann und die pflegerische Versorgung der Bevölkerung sichergestellt wird“.

Anteil der Privaten im ambulanten Bereich

Insbesondere im ambulanten Bereich sei der Anteil privater Träger dabei stetig gewachsen, schreibt die Bundesregierung. Dieser betrage laut der aktuellen Pflegestatistik rund 68 Prozent (10.430 von insgesamt 15.376 ambulanten Pflegediensten). Im stationären Bereich, wo ein weniger starker Anstieg der privaten Träger zu verzeichnen sei, betrieben private Träger laut aktueller Pflegestatistik zirka 43 Prozent aller stationären Einrichtungen (6.876 von insgesamt 16.115 Einrichtungen).

Vorrang privater Träger

Wie aus der Antwort zudem hervorgeht, besteht nach dem Recht der Pflegeversicherung die Verpflichtung, die Vielfalt der Träger von Pflegeeinrichtungen zu wahren sowie deren Selbstständigkeit, Selbstverständnis und Unabhängigkeit zu achten. Freigemeinnützige und private Träger haben den Angaben zufolge Vorrang gegenüber öffentlichen Trägern. Unabhängig von ihrer Trägerschaft haben alle zugelassenen Pflegeeinrichtungen laut Bundesregierung „die gesetzlichen und vertraglich vereinbarten Vorgaben und Nachweispflichten – insbesondere zur Personalausstattung und -entlohnung sowie zur Qualitätssicherung – einzuhalten“.

Quellen: Bundestag, Tagesschau

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