Hospitalisierung und Inzidenz

Neulich war eine gesundheitspolitische Sprecherin der FDP zu Gast bei Markus Lanz. Gefragt, warum sie denn so überrascht von der Entwicklung der Corona-Zahlen sei, sagte sie, sie habe auf die Hospitalisierungsrate geschaut und nicht auf die Inzidenzen. Das Problem ist bekannt, wird aber immer wieder vor allem von Politikern ignoriert.

Inzidenz nicht zielführend?

Immer, wenn die Corona-Zahlen mal wieder steigen, beklagt man sich, dass die Angabe der Inzidenz ja nicht zielführend sei, andere Kennzahlen müssten her, wenn Einschränkungen zur Eindämmung anstehen. Da man ja eine Überlastung des Gesundheitssystems vermeiden wolle, sei der Blick auf die Hospitalisierungsraten der Königsweg.

Die einfache Tatsache, dass Leute in der Regel ein bis zwei Wochen, nachdem sie sich infiziert haben, ins Krankenhaus kommen, ist nicht weiter wichtig. Was man wiederum an den Inzidenzen hätte ablesen können, aber naja… Die Menschen, die nun unweigerlich sterben müssen, sind nicht mehr zu retten.

Bund-Länder-Beschlüsse

Nun werden also laut Beschluss der Ministerpräsidenten Maßnahmen gegen die Pandemie dann eingeläutet, wenn die Hospitalisierungsraten einen bestimmten Wert erreichen. Damit ist festgeschrieben, dass sämtliche Maßnahmen immer um ein paar Wochen zu spät getroffen werden. Hauptsache man hat sich geeinigt und muss nicht immer auf die bösen Inzidenzen schauen.

Flankierend dazu wird noch mal schnell die Erzählung verbreitet, man habe das ja alles nicht vorhersehen können, weil die Wissenschaftler das ja auch nicht vorausgesagt haben. Besonders Herr Söder gefällt sich darin, dreiste Lügen zu verbreiten.

Warnung im Sommer

Spätestens im Sommer waren sich alle relevanten Wissenschaftler mit dem RKI einig, dass wir bei weiteren Öffnungsschritten, die im Sommer gemacht wurden (Ende der Maskenpflicht, Freedom-Day) unweigerlich auf eine katastrophale Vierte Welle zusteuern. Ausschlaggebend für die Warnungen der Wissenschaftler waren die Erkenntnisse über die deutlich stärkere Infektiosität der Delta-Variante und zum anderen, dass der Impfschutz vor Delta einer dreimaligen Impfung bedarf.

Die alte Bundesregierung verabschiedet sich mit einer Bankrotterklärung, die neue startet mit einem Desaster.

Quelle: RKI – Vorbereitung auf den Herbst/Winter 2021/22 Stand: 22.07.2021

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Bundesnotbremse

Die Zahl der Infizierten steigt, die Krankenhäuser und Intensivstationen kommen an ihre Grenze. Genau so, wie es die Wissenschaftler schon seit Januar vorhergesagt haben. Bundesregierung, Länderchefs und Parteispitzen sind davon völlig überrascht und reagieren mit Schockstarre. Wenigstens sollen bundeseinheitliche Regeln her. Das Kabinett hat dazu am 13.4. einen Gesetzentwurf verabschiedet. Gleichzeitig wurde bekannt, dass das Gesetz nicht im beschleunigten Verfahren verabschiedet wird, man will ja nichts überstürzen.

Änderungen zum ersten Entwurf

Unterschiede zum vorab bekannt gewordenen Entwurf gibt es einige:

  • zu den Geschäften, die auch bei einer Inzidenz über 100 öffnen dürfen gehören nun auch Buchhändler und Getränkemärkte,
  • Präsenzunterricht bleibt bei Inzidenz zwischen 100 und 200 nur mit 2 Tests pro Woche zulässig. Bei einer Inzidenz über 200 aber nicht. Ausgenommen davon sind jetzt Abschlussklassen und Förderschulen,
  • im öffentlichen Nahverkehr ist eine maximale Belegung von 50 % nur noch „anzustreben“, nicht, wie es im Entwurf noch hieß, „sicherzustellen“, 
  • die Regelung, dass private Treffen nur mit einer weiteren Person „je Tag“ stattfinden dürfen, ist gestrichen,
  • im Privaten dürfen sich bei einer Inzidenz über 100 ein Haushalt plus eine Person (und deren Kinder unter 14) treffen, die ursprünglich vorgesehene Obergrenze von 5 Personen wurde gestrichen.

Eine Verschärfung

Verschärft wurde das Außerkraftreten der „Notbremse“. Das soll erst geschehen, wenn die Inzidenz an 5 aufeinanderfolgenden Tagen unter 100 bleibt (vorher 3 Tage). Es bleibt dabei, dass die Bundesnotbremse in Kraft tritt, wenn die Inzidenz in einem Kreis an 3 aufeinanderfolgenden Tage über 100 liegt.

Vorgesehen ist eine erste Beratung im Bundestag am 16.4., abschließend in der kommenden Woche. Danach muss das Gesetz noch den Bundesrat passieren.

Umstrittene Ausgangssperren

Besonders umstritten sind die geplanten Ausgangssperren. Es sollen zwischen 21 Uhr und 5 Uhr des Folgetages Ausgangsbeschränkungen gelten. Aufenthalte außerhalb des Wohnraums sollen allerdings gestattet bleiben, wenn diese zur Berufsausübung, zur Abwendung einer Gefahr für Leib, Leben oder Eigentum, zur Wahrnehmung des Sorge- oder Umgangsrechts, zur unaufschiebbaren Betreuung unterstützungsbedürftiger Personen oder Minderjähriger, der Begleitung Sterbender oder der Versorgung von Tieren dienen.

Befürchtet wir eine Flut von Klagen gegen diese Regelung, einige lokale Ausgangssperren wurden schon von Gerichten gekippt.

Die Wirksamkeit von Ausgangssperren ist umstritten. Selbst, wenn sie zur Eindämmung des Infektionsgeschehens beitrügen, ist es schwer vermittelbar, dass die Menschen tagsüber in Großraumbüros, Schulen und Schulbussen Kontakte zu vielen anderen Menschen haben sollen, aber ein abendlicher Spaziergang verboten sein soll.

Nicht kontrollierbar

Grundsätzlich ist der Inzidenzgrenzwert viel zu hoch, gerade auch wegen der B117-Mutation. Damit lässt sich die Pandemie, wie die Wissenschaftler ständig predigen, nicht mehr kontrollieren. Zur Erinnerung: Vor einem Jahr, als Deutschland die wegen des Umgangs mit der Pandemie noch von vielen Seiten gelobt wurde, ging das Land bei einem Inzidenzwert von knapp 30 in den Lockdown. Das bescherte uns einen relativ entspannten Sommer. Der wurde leider verschlafen und nicht genutzt, um Vorbereitungen für den Herbst und Winter zu treffen. Hätte es nicht die rasante Impfstoffentwicklung gegeben, sähe es jetzt völlig hoffnungslos aus.

Quelle: Bundeskabinett

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