Zukunftspakt Pflege

An eine umfassende Reform der Pflegeversicherung hat sich noch keine Bundesregierung herangetraut. Dabei wird das Problem immer drängender, die Finanzierung steht auf der Kippe, die betroffenen pflegebedürftigen Menschen können sich die Kosten für eine Pflege kaum noch leisten, obwohl sie schon jahrelang in ihre Pflegeversicherung eingezahlt haben.

Einen neuen Anlauf nimmt nun die neue Gesundheitsministerin und rief am 7. Juli in Berlin die Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Zukunftspakt Pflege“ ins Leben. Die arbeitsgruppe soll sich auf das weitere Vorgehen für eine Reform der Pflegeversicherung verständigen. Bis Ende des Jahres soll die Arbeitsgruppe gemeinsame Eckpunkte vorlegen, die im kommenden Jahr in ein Gesetzgebungsverfahren einfließen.

Beratungsinhalte

Beraten wird über

  • eine nachhaltige Finanzierbarkeit der Pflegeversicherung,
  • eine Stärkung der ambulanten und häuslichen Pflege
  • sowie für einen einfachen und bürokratiearmen Zugang zu Leistungen der Pflegeversicherung für Pflegebedürftige und Ihre Angehörigen.

Hierzu werden zwei Facharbeitsgruppen gebildet.

Fachgruppe Finanzierung

Im Rahmen des Themenbereichs „Nachhaltige Finanzierung und Finanzierbarkeit der Pflegeversicherung“ sollen unter anderem folgende Punkte erörtert werden:

  • Anreize für eine eigenverantwortliche Vorsorge
  • Die Weiterentwicklung des Umlagesystems durch einen weiterentwickelten kapitalgedeckten Pflegevorsorgefonds
  • Eine Begrenzung der pflegebedingten Eigenanteile
  • Die Aufteilung der Finanzierungsanteile durch Beitragsmittel, Steuern und individuelle/private Beteiligung
  • Mögliche Stellschrauben für die Begrenzung der Ausgaben- sowie die Verbesserung der Einnahmenseite

Fachgruppe Nachhaltigkeit

Zum Arbeitsauftrag der Fachgruppe „Nachhaltige Sicherstellung der Versorgung und Stärkung der ambulanten und häuslichen Pflege“ zählen unter anderem:

  • Leistungsumfang und Ausdifferenzierung der Leistungsarten sowie die mögliche Bündelung und Fokussierung von Leistungen
  • Möglichkeiten zur Stärkung der pflegenden Angehörigen mittels eines leicht verständlichen, unbürokratischen, wohnortnahen Beratungs-, Unterstützungs- und Pflegeangebots
  • Maßnahmen zur Prävention und Rehabilitation, um Pflegebedürftigkeit zu vermeiden und zu verringern
  • Förderung von Innovation und Digitalisierung

Zusammensetzung der Bund-Länder-AG

Der Zukunftspakt Pflege setzt sich aus der Bundesministerin für Gesundheit und den für die Pflegeversicherung zuständigen Ministerinnen und Ministern sowie Senatorinnen und Senatoren der Länder zusammen. Die kommunalen Spitzenverbände e.V. (Deutscher Städtetag, Deutscher Landkreistag, Deutscher Städte- und Gemeindebund) nehmen an den Sitzungen des Zukunftspakts teil.

Mutige Reformen angemahnt

Der DGB fordert in seiner Stellungnahme zum Auftakt der AG schnelle Verbesserungen für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen. Ziel der Kommission müsse sein, nicht nur eine kurze finanzielle Atempause zu erreichen, sondern eine mutige Reform einzuleiten, mit der gute Pflege finanziell sichergestellt werden könne.

Pflegebürgervollversicherung

Wichtigster Baustein sei der Deckel für die Eigenanteile in der stationären Pflege. Zusätzlich müsse der Steuerzuschuss zur Pflege wieder eingeführt werden. Außerdem gäbe es noch Schulden der Bundesregierung bei der Pflegeversicherung; nämlich 5,2 Milliarden Euro für die Auslagen in der Coronapandemie. Neben der Rückzahlung müsse die Bundesregierung die Pflegeversicherung von Kosten für Leistungen entlasten, die nicht zu ihren eigentlichen Aufgaben gehören – dafür müsse der Bund Steuermittel einsetzen.

Die beste Lösung bleibe eine Pflegebürgervollversicherung, bei der alle Pflegekosten von der Versicherung bezahlt werden.

Quellen: BMG, DGB

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Altersvorsorge-Modelle

Die Bundesregierung möchte die bisherige Riester-Rente durch ein neues privates Altersvorsorge-Modell ersetzen. Dieses solle von bürokratischen Hemmnissen befreit und mit dem Verzicht auf zwingende Garantien sowie der Reduzierung der Verwaltungs-, Produkt- und Abschlusskosten reformiert werden, wie die Regierung in einer Antwort (21/605) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ausführt. Eine Ausweitung des Kreises der Förderberechtigten soll demnach geprüft werden. „Das neue Produkt soll mit einer möglichst einfachen staatlichen Förderung für Bezieherinnen und Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen begleitet werden. Kern der reformierten Riester-Rente wird ein Anlageprodukt sein, das es auch in Form eines Standardproduktes geben soll.“

Die Bundesregierung betont zugleich, dass diese Reform der privaten Altersvorsorge gerade vorbereitet werde, Aussagen zu Einzelfragen deshalb derzeit noch nicht gegeben werden könnten.

Kritik an der Riester-Rente

Ein zentraler Kritikpunkt sind die übermäßig hohen Kosten für Abschluss und Verwaltung sowie die hohen Provisionen für Anbieter und Makler. Diese Kosten schmälern die Rendite der Sparer erheblich und führen dazu, dass Riester-Verträge, insbesondere fondsgebundene, kaum tatsächliche Gewinne erzielen.

Mögliche Modelle

Neben der „reformierten“ Riester-Rente, wie sie die Bundesregierung ankündigt, gibt es noch weitere Modelle, wie die Renten zukünftig finanziert werden könnten.

Bürgerrente

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherer (GDV) hat das Konzept der „Bürgerrente“ vorgestellt, um der staatlich geförderten kapitalgedeckten Altersvorsorge neuen Schwung zu verleihen. 1 Es handelt sich dabei noch nicht um ein fertiges Produkt, sondern um einen Rahmenentwurf für die zukünftige Ausgestaltung der staatlich geförderten Altersvorsorge.

Deutschland-Rente

Bereits 2018 brachte das Land Hessen einen Entschließungsantrag zur Einführung einer „Deutschland-Rente“ in den Bundesrat ein. Die Kernidee besteht darin, eine kostengünstige und transparente Alternative zu den bisherigen privaten Riester-Produkten zu schaffen. Dies soll durch einen staatlich organisierten Fonds, den sogenannten „Deutschlandfonds“, geschehen, der ohne eigenes Gewinninteresse operiert und zwei Riester-ähnliche Standardprodukte anbieten würde.

ETF-basierte Altersvorsorgedepot

Die Lieblingsidee von Christian Lindner hatte es in den Gesetzentwurf zum Rentenpaket 2 der Ampel-Regierung geschafft. Mit dem Ende der Ampelkoalition verschwand auch das Rentenpaket 2. Das Konzept sah ein staatlich gefördertes „Altersvorsorgedepot“ vor, das direkte Investitionen in ETFs und Einzelaktien ermöglichen sollte.

Bürgerversicherung

Sozialverbände, Gewerkschaften und Verbraucherschützer sind nach wie vor skeptisch gegenüber neuen kapitalgedeckten Altersvorsorgeprodukten. Sie fordern stattdessen:

  • Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung,
  • Erhalt und Reform bestehender Förderprodukte,
  • Transparenz und Verbraucher*innenschutz

Quellen: Bundestag, finanztip, GDV, Land Hessen, Fokus-Sozialrecht, Sozialverband Deutschland

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