Nach § 228 SGB IX sind schwerbehinderte Menschen, die in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt (Merkzeichen G), außergewöhnlich gehbehindert (Merkzeichen aG), hilflos (Merkzeichen H) oder gehörlos sind (Merkzeichen GI), von Unternehmen, die öffentlichen Personenverkehr betreiben, gegen Vorzeigen eines gekennzeichneten Ausweises nach § 152 Abs. 5 SGB IX und eines mit einer gültigen Wertmarke versehenen Beiblattes im Nahverkehr unentgeltlich zu befördern.
Kosten der Wertmarke
Das Beiblatt mit Wertmarke wird auf Antrag gegen Entrichtung des Eigenbeteiligungsbetrages für ein Jahr oder für ein halbes Jahr ausgegeben.
Seit 1.1.2021 liegt die Eigenbeteiligung für
- ein halbes Jahr bei 46 Euro (vorher 40 Euro)
- ein ganzes Jahr bei 91 Euro (vorher 80 Euro)
Kostenlose Wertmarke
Die Wertmarke wird auf Antrag unentgeltlich ausgegeben an schwerbehinderte Menschen, die blind (Merkzeichen BI) oder hilflos (Merkzeichen H) sind oder für den Lebensunterhalt laufende Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII, dem Achten Buch Sozialgesetzbuch (Kinder- und Jugendhilfe) oder den §§ 27a und 27d BVG erhalten (vgl. § 228 Abs. 4 SGB IX). Schwerkriegsbeschädigte und ihnen gleichgestellte Personen (z. B. NS-Verfolgte), die mindestens seit 1. Oktober 1979 wegen ihrer Schädigungsfolgen die Freifahrtberechtigung haben, erhalten auf Antrag die Wertmarke ebenfalls kostenlos.
Freie Fahrt oder weniger KFZ-Steuer
Freifahrtberechtigung und Kraftfahrzeugsteuerermäßigung können nicht nebeneinander in Anspruch genommen werden. Schwerbehinderte Menschen, die an Stelle der unentgeltlichen Beförderung die Kraftfahrzeugsteuerermäßigung in Anspruch nehmen wollen, erhalten auf Antrag ein Beiblatt ohne Wertmarke. Bei Einräumung der Kraftfahrzeugsteuerermäßigung wird das Beiblatt mit einem Vermerk des zuständigen Finanzamtes versehen. An die Entscheidung für die Freifahrtberechtigung oder die Steuerermäßigung ist der schwerbehinderte Mensch nicht auf Dauer gebunden. Ein späterer Wechsel ist ohne weiteres möglich.
Ständige Begleitung
Sofern der schwerbehinderte Mensch bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln zur Mitnahme einer ständigen Begleitung berechtigt ist und dies im Ausweis eingetragen ist (Merkzeichen B), wird auch die Begleitperson des Schwerbehinderten unentgeltlich befördert. Nicht möglich ist dagegen die gegenseitige Begleitung von Schwerbehinderten, deren Ausweise das Merkzeichen B tragen. Die notwendige Begleitperson wird auch dann unentgeltlich befördert, wenn der schwerbehinderte Mensch keine Wertmarke beantragt hat und deshalb selbst nicht freifahrtberechtigt ist.
Fernverkehr
Im Fernverkehr beschränkt sich die unentgeltliche Beförderung auf das Handgepäck, einen Krankenfahrstuhl, soweit die Beschaffenheit des Verkehrsmittels dies zulässt, sonstige orthopädische Hilfsmittel und den Führhund. Enthält der Ausweis das Merkzeichen B, wird die Begleitperson auch im Fernverkehr unentgeltlich befördert. Der schwerbehinderte Mensch selbst hat keinen Anspruch auf unentgeltliche Beförderung im Fernverkehr.
Einschränkung der Bewegungsfähigkeit
In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens, auch durch innere Leiden, oder infolge von Anfällen oder Störungen der Orientierungsfähigkeit nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden.
Begleitperson
Zur Mitnahme einer Begleitperson sind schwerbehinderte Menschen berechtigt, die bei Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind. Die Feststellung bedeutet nicht, dass die schwerbehinderte Person, wenn sie nicht in Begleitung ist, eine Gefahr für sich oder andere darstellt.
Erhöhung der Ausgleichsabgabe
Die Erhöhung der Eigenbeiteiligung ist rechtlich an die Erhöhung der Ausgleichsabgabe gekoppelt. Die Ausgleichsabgabe zahlen Unternehmen, die der gesetzlichen Verpflichtung zur Einstellung von schwerbehinderten Menschen nicht nachkommen können oder wollen.
Die Ausgleichsabgabe wird immer dann erhöht, wenn sich die Bezugsgröße seit der letzten Neubestimmung der Beträge der Ausgleichsabgabe um wenigstens 10 Prozent erhöht hat. (§ 160 SGB IX). Zum gleichen Prozentsatz und zum gleichen Zeitpunkt erhöht sich dann auch die Eigenbeteiligung bei der Wertmarke. (§ 228 SGB IX).
Quelle: BMAS, Thomas Knoche: Finanzielle Hilfen für Menschen mit Behinderung, Walhalla, 2021
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