Zwei Kinder vor dem Computer

Jugendämter und Bundesteilhabegesetz

Das Bundesteilhabegesetz betrifft das SGB VIII, die Kinder- und Jugendhilfe, bei weitem nicht in dem Maße, wie es andere Bereiche der Sozialgesetzgebung verändert. Trotzdem müssen auch die Jugendämter einige Neuregelungen des BTHG beachten.
Deswegen hat die Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter im Mai dieses Jahres die Arbeitshilfe „Anforderungen an die Jugendämter durch das Bundesteilhabegesetz“ veröffentlicht.

Rehabilitationsträger

§ 5 SGB IX umfasst fünf Leistungsgruppen. Für vier dieser Leistungsgruppen können die Träger der öffentlichen Jugendhilfe gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 6 SGB IX Rehabilitationsträger sein:

  • Leistungen zu medizinischen Rehabilitation
  • Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
  • Leistungen zur Teilhabe an Bildung
  • Leistungen zur sozialen Teilhabe

Nicht zuständig sind die Jugendämter für die Leistungsgruppe „unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen“.

Verfahrensregelungen

Die Zuständigkeiten der Rehabilitationsträger und die Leistungsvoraussetzungen richten sich weiterhin gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 SGB IX nach dem jeweiligen Leistungsgesetz, das heißt für die Jugendhilfe nach § 35a oder § 41 in Verbindung mit § 35a SGB VIII. Allerdings gehen seit dem 1. Januar 2018 gemäß § 7 Abs. 2 SGB IX die Kapitel 2 bis 4 (§§ 9 bis 24 SGB IX) den jeweiligen Leistungsgesetzen aller sieben Rehabilitationsträger vor.

Diese Kapitel regeln das Verfahren der Rehabilitationsträger, insbesondere

  • die vorrangige Prüfung von Leistungen zur Teilhabe (§ 9 SGB IX),
  • die frühzeitige Erkennung von Reha-Bedarfen und Hinwirkung auf Antragsstellung (§ 12 SGB IX),
  • die Bedarfsermittlung mit geeigneten, standardisierten Instrumenten (§ 13 SGB IX),
  • das Verfahren mit Fristen zur Klärung der Fallverantwortung des sogenannten „leistenden Rehabilitationsträgers“ (§ 14 SGB IX),
  • die Verpflichtung des leistenden Rehabilitationsträgers zur Beteiligung der anderen betroffenen Rehabilitationsträger (§ 15 SGB IX),
  • die Durchführung eines Teilhabeplanverfahren (§ 19 SGB IX), ggf. auch einer Teilhabeplankonferenz (§ 20 SGB IX), zusätzlich zum Hilfeplanverfahren (§ 21 SGB IX).Während die §§ 9 bis 24 SGB IX den Vorschriften des SGB VIII vorgehen, sind die anderen Vorschriften des Teil 1 SGB IX zu berücksichtigen, sofern sich aus dem SGB VIII als Spezialgesetz nichts Abweichendes ergibt (§ 7 Abs. 1 S. 1 SGB IX).

    Gemäß § 26 SGB IX vereinbaren die gesetzlichen Krankenkassen, die Bundesagentur für Arbeit, die Träger der gesetzlichen Unfall- und Rentenversicherung sowie der Kriegsopferversorgung/-fürsorge gemeinsame Empfehlungen zur Sicherung ihrer Zusammenarbeit im Rahmen der BAR (Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation). Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe und der Sozialhilfe, die an deren Vorbereitung beteiligt werden, orientieren sich nach § 26 Abs. 5 SGB IX bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach dem SGB IX an diesen Empfehlungen oder können ihnen beitreten.

Strukturelle Änderungen

Neben den neuen Verfahrensvorgaben erfolgen durch das BTHG auch strukturelle Änderungen. Dazu gehören

  • die Verpflichtung der Rehabilitationsträger durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass ein Rehabilitationsbedarf frühzeitig erkannt und auf eine Antragstellung der Leistungsberechtigten hingewirkt wird, insbesondere durch die Bereitstellung und Vermittlung von barrierefreien Informationsangeboten und die Benennung von Ansprechstellen (§ 12 SGB IX),
  • die Einführung der ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (§ 32 SGB IX), die vom Bund befristet gefördert wird und die Beratung durch die Rehabilitationsträger ergänzt,
  • die Einführung eines jährlichen Teilhabeverfahrensberichts (§ 41 SGB IX) für alle Rehabilitationsträger zu 16 Erhebungsmerkmalen. Diese Daten müssen die Jugendämter erheben und an die BAR melden.

Quellen: Bundesarbeitsgemeinsschaft der Landesjugendämter, dejure.org: SGB IX in der Fassung ab 1.1.2018, bzw. 1.1.2020

Abbildung: pixabay.com: children-593313_1280.jpg