Eine wesentliche Veränderung im System der Sozialleistungsauszahlung steht bevor: Die Barauszahlung von Renten und anderen Leistungen mittels Zahlungsanweisung zur Verrechnung (ZzV) wird zum 31. Dezember 2025 vollständig eingestellt. Die Postbank und die Deutsche Post AG haben angekündigt, den Service ersatzlos einzustellen. Diese Umstellung betrifft nicht nur Rentenempfänger, sondern auch Bezieher von Bürgergeld, Grundsicherung und in Einzelfällen auch Arbeitslosengeld oder Kindergeld.
Rechtsgrundlage ist das geplante „Gesetz zur Anpassung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze“. Über dieses Gesetzesvorhaben berichteten wir hier schon einmal im Zusammenhang mit der Einführung von Fallmanagement in der Rentenversicherung.
bisher: Wahlrecht
Die bisherige Rechtslage sah vor, dass Personen, die eine Sozialleistung empfangen, die Übermittlung der Geldleistung an den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt verlangen können. Sie haben ein Wahlrecht, müssen im Gegenzug aber in der Regel die Kosten für die Übermittlung auf ein Konto tragen, die sich anstelle der kostenfreien Überweisung ergeben. Hintergrund ist der nach dem Zahlungskontengesetz grundsätzlich bestehende Anspruch auf ein Basiskonto für jeden Verbraucher, der es nicht rechtfertigt, dass die Kosten der Übermittlung an den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt bei den Sozialleistungsträgern und damit der Solidargemeinschaft verbleiben.
Lediglich soweit der Person, die Sozialleistungen empfängt, unverschuldet die Eröffnung eines Kontos nicht möglich ist, sollen ihr zur Vermeidung einer unbilligen Härte die Kosten für die Übermittlung der Geldleistung an den Wohnsitz beziehungsweise Ort des gewöhnlichen Aufenthalts nicht auferlegt werden. Als ein bedeutender und kostengünstiger Weg der Übermittlung an den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt wurde bisher die ZzV (Verrechnungsscheck) eingesetzt. Diese Möglichkeit entfällt Ende 2025. Ein vergleichbares Produkt ist auf dem Markt derzeit nicht zu finden.
Wegfall des Wahlrechts
Vor diesem Hintergrund wird angesichts des Wegfalls der ZzV das Wahlrecht künftig abgeschafft. Personen, die Sozialleistungen empfangen, steht somit im Regelfall nur noch die kostenfreie Überweisung auf das Konto zur Verfügung. Sie können dabei weiterhin auch das Konto eines Dritten, zum Beispiel einer Vertrauensperson oder eines Wohlfahrtsverbandes, angeben.
Die Härtefallregelung bleibt allerdings erhalten, sodass auch in Zukunft der Anspruch auf die Geldleistung insgesamt ohne Kostenlast für die Personen, die Sozialleistungen empfangen, geltend gemacht werden kann, wenn sie nachweisen, dass ihnen die Einrichtung eines Kontos bei einem Geldinstitut ohne eigenes Verschulden nicht möglich ist.
Einzelfallprüfung bei Härtefällen
Die Anerkennung eines solchen Härtefalls erfordert wie bisher eine Einzelfallprüfung, in welcher die konkret zumutbaren Bemühungen um eine Kontoeröffnung im Rahmen einer Gesamtabwägung den geltend gemachten Hinderungsgründen (zum Beispiel persönliche Lebensumstände, gesund-
heitliche Einschränkungen, Mobilitätseinschränkungen, unzureichende Infrastruktur) gegenüberzustellen sind. Die Geldleistung wird bei einem Härtefall wie nach geltender Rechtslage auf anderem Weg als durch Zahlung auf ein Konto nach dem Zahlungskontengesetz kostenfrei an den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt der Person, die Sozialleistungen empfängt, übermittelt.
Entsprechendes gilt für die zweite Ausnahme in Fällen, in denen Leistungen im Einzelfall keinen Aufschub dulden, etwa wenn die Geldleistung durch Überweisung auf ein Konto zur Beseitigung des existenzsichernden Leistungsbedarfs nicht rechtzeitig bei der Person, die Sozialleistungen empfängt, Empfänger ankommt. Dies sind im Regelfall daher wie bisher nicht die auf Dauer angelegten (beitragsfinanzierten) Versicherungsleistungen, sondern Leistungen, die sich auf Grund einer konkreten Bedürftigkeitssituation ergeben, aber nicht durch Überweisung auf ein (bestehendes) Konto erfüllt werden können. Geldleistungen zum Beispiel per Barcode oder Viacash sowie Auszahlungen über Kassenautomaten bei den Leistungsträgern bleiben daher auch künftig in den beiden genannten Ausnahmen möglich.
Renten gehen ausschließlich aufs Konto
Abweichend hiervon sieht der geänderte § 118 SGB VI vor, dass die Auszahlung von Rentenleistungen zukünftig ausschließlich auf ein Konto bei einem Kreditinstitut erfolgt.
keine Zahlen über die Anzahl der Betroffenen
Obwohl ein gesetzlicher Anspruch auf ein Basiskonto besteht, wird dieser Anspruch in der Praxis durch hohe, unangemessene Gebühren und bürokratische Hürden konterkariert. Das Fehlen von genauen statistischen Daten über die betroffene Gruppe – geschätzt ein Prozent der Bedarfsgemeinschaften – erschwert zudem die zielgerichtete Gestaltung von Lösungen. Immerhin hat das BMAS in einem Rundschreiben klargestellt, dass die zuständigen Stellen in den Sozialämtern und Jobcentern weiterhin Möglichkeiten vorhält, mit denen jeder Anspruchberechtigte an sein Geld kommt.
Quelle: BMAS, tacheles, Bundestag, FOKUS-Sozialrecht
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