WfbM, Entgelt, Alternativen

Eine Studie zum Entgelt und zu Alternativen in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen zeigt, dass eine Reform zur Gleichstellung dringend nötig ist.

Weit unter Mindestlohn

Die schlechte Bezahlung weit unter dem Mindestlohn und die geringe Vermittlungsquote von behinderten Menschen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt durch Werkstätten für behinderte Menschen wird schon seit vielen Jahren kritisiert. Eine aktuell vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales veröffentlichte Studie zeigt nach Ansicht des Verein für Menschenrechte und Gleichstellung Behinderter NETZWERK ARTIKEL 3 den dringenden Handlungsbedarf in diesem Bereich. „Im Jahr 2021 betrug das Durchschnittsentgelt in Werkstätten für behinderte Menschen gerade einmal 226 Euro pro Monat. Zudem kommen die Werkstätten ihrem Vermittlungsauftrag auf den allgemeinen Arbeitsmarkt so gut wie nicht nach. 2019 wurden von den ca. 300.000 Werkstattbeschäftigten gerade einmal 0,35 Prozent auf den allgemeinen Arbeitsmarkt vermittelt“, kritisiert Prof. Dr. Sigrid Arnade vom Vorstand des NETZWERK ARTIKEL 3.

Forderung: Reform in Richtung Inklusion

„Schaut man sich die Studie einmal genauer an, so wird deutlich, dass 49 Prozent der Beschäftigten in Werkstätten 2021 sogar weniger als 150 Euro pro Monat für ihre Arbeit bekamen. In Verbindung mit den geringen Vermittlungsquoten auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ist dies ein Skandal, zumal jährlich ca. fünf Milliarden Euro aus öffentlichen Geldern in das System der Werkstätten für behinderte Menschen an Zuschüssen gezahlt werden. Dieses Geld kann viel besser im Sinne eines inklusiven Arbeitsmarktes, wie zum Beispiel durch die Förderung von Budgets für Arbeit bei regulären Arbeitgebern, eingesetzt werden. Daher fordern wir die Bundes- und Landesregierungen auf, endlich die Weichen für die Beschäftigung behinderter Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu stellen und das bestehende System grundlegend in Richtung Inklusion zu reformieren“, erklärte Prof. Dr. Sigrid Arnade.

Transparenzpflicht

Vor allem müsse aber endlich eine Transparenzpflicht für alle Werkstätten für behinderte Menschen eingeführt werden, so dass diese ihre Jahresabschlüsse, das gezahlte Durchschnittsentgelt für behinderte Beschäftigte, die Vergütung von Geschäftsführung und Betreuungspersonen sowie die Vermittlungsquote auf den allgemeinen Arbeitsmarkt in einer verständlichen Form veröffentlichen müssen. „Ärgerlich ist, dass nur 42 Prozent der Werkstattleitungen an der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales in Auftrag gegebenen Befragung mitgewirkt haben. Das zeigt, dass vielen Werkstattleitungen die Entlohnung ihrer behinderten Beschäftigten und mögliche Alternativen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt anscheinend nicht so wichtig sind,“ kritisiert Prof. Dr. Sigrid Arnade.

Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention

Rückenwind für eine ernstzunehmende Reform erwartet das NETZWERK ARTIKEL 3 u.a. von den Abschließenden Bemerkungen des Ausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen zur Staatenprüfung Deutschlands in Sachen Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. In dem Dokument, das am 8. September 2023 veröffentlicht wurde, zeigt sich der Ausschuss u.a. besorgt über die hohe Zahl behinderter Menschen, die in Deutschland in Werkstätten für behinderte Menschen arbeiten und die geringe Vermittlungsquote auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Der Ausschuss schlägt daher die Entwicklung eines Aktionsplans zur Vermittlung behinderter Menschen von Werkstätten auf den allgemeinen Arbeitsmarkt mit einem konkreten Zeitplan, entsprechenden Ressourcen und der konsequenten Partizipation von Organisationen von Menschen mit Behinderungen vor.

Quelle: Pressemitteilung des NETZWERK ARTIKEL 3 – Verein für Menschenrechte und Gleichstellung Behinderter e.V. vom 14.09.2023, BMAS, United Nations, FOKUS-Sozialrecht

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