Der Bundestag hat am Freitag, 10. Februar 2023, einen von der Fraktion Die Linke vorgelegten Antrag mit dem Titel „Eine eigene Wohnung als Start für die Wohnungslosenhilfe – Housing First bundesweit etablieren“ (20/5542) beraten. Im Anschluss an die 40-minütige Debatte wurde der Antrag zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen überwiesen. Die Debatte machte übrigens deutlich, dass der Housing-First-Ansatz bei fast allen Fraktionen auf positives Echo stößt.
Was ist Housing First?
Housing First stellt sozusagen die Obdachlosenhife vom Kopf auf die Füße. Häufig ist es so, dass von Betroffenen erwartet wird, sich einen Job zu suchen und sich von psychischen Problemen oder Suchterkrankungen selbst zu befreien. Erst dann gibt es Hilfe bei der Wohnungssuche. „Housing first“ dagegen geht es andersherum an: Obdachlose Menschen bekommen eine Wohnung – ohne Voraussetzung. Sozialarbeiter helfen bei Anträgen rund um Sozialleistungen und sind Ansprechpartner bei Problemen. In dieser neuen, sicheren Ausgangslage fällt es den Betroffenen dann leichter, sich um einen Job und um ihre Gesundheit zu kümmern.
Viele Modellprojekte
Vorreiterland ist Finnland. Dort sank seit Einführung des Konzepts die Zahl der Wohnungslosen drastisch. Auch in Deutschland gibt es in vielen Städten Pilotprojekte und Initiativen, die das Konzept umsetzen wollen. Beispielsweise in Köln, Düsseldorf, Bremen und anderswo.
Wohnungslosenbericht
Ende letzten Jahres legte die Bundersregierung ihren ersten Wohnungslosenbericht vor. Danach gibt es mehr als 260.000 Wohnungslose in Deutschland. Im Berischt werden politischen Handlungsansätze des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen vorgestellt, um Wohnungslosigkeit zu bekämpfen und bis zum Jahr 2030 zu beseitigen. Unter den Handlungsansätzen kam „Housing First“ leider nicht vor.
Antrag der Linken
Die Fraktion Die Linke will daher den sogenannten Housing First-Ansatz in der Wohnungslosenhilfe und damit das Wohnen für alle als voraussetzungsloses Grundrecht etablieren. In ihrem Antrag fordert sie die Bundesregierung auf, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Dieser sollte einen Masterplan zur Beendigung der Wohnungslosigkeit bis 2030 beinhalten, in dessen Zentrum die Eingliederung des Housing First-Ansatzes in bestehende und noch aufzubauende kommunale Hilfestrukturen sowie die Beschaffung des dafür notwendigen Wohnraums stehen soll.
Wohnung als Ausgangspunkt, nicht als Fernziel
„Ohne festen Wohnsitz wird es deutlich schwerer, das Arbeitsverhältnis zu halten oder ein neues zu finden, die Beantragung von Sozialleistungen wird schwieriger und der Gesundheitszustand verschlechtert sich häufig“, schreiben die Abgeordneten in der Begründung des Antrags. Ein eigenes, mietvertraglich abgesichertes Wohnverhältnis sollte daher nach Ansicht der Linksfraktion „Ausgangspunkt und nicht mehr Fernziel der Wohnungslosenhilfe sein“. Hilfe- und Unterstützungsbedarfe, die darüber hinaus gegebenenfalls notwendig seien, wie zum Beispiel Sozialberatungen oder Therapien, sollten erst im Anschluss realisiert werden.
Um Housing First zu etablieren, müsse der Bund die Länder und Kommunen konzeptionell, finanziell und strukturell unterstützen und auch die Finanzierung der Hilfeleistungen für die Empfänger sicherstellen, betonen die Abgeordneten. Dabei müsse auch klar werden, dass die zuständigen Leistungsträger die Finanzierung rechtlich absichern können.
Quellen: Bundestag, BMAS, BMWSB, kontrast.at, Vringstreff e.V., D#dorf aktuell, housing-first-bremen.de
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