Nachdem mit den Maßnahmen des ersten Sozialschutz-Pakets (hier und hier) insbesondere der Zugang zu den Sozialleistungen erleichtert und Verfahren beschleunigt wurden, soll mit dem zweiten Sozialschutz-Paket der Rettungs- und Schutzschirm weiter gespannt werden und der Umfang dieser Leistungen für Unternehmen, Beschäftigte und für Arbeitslose verbessert werden.
Änderungen im SGB III
Hierüber berichteten wir am 25.4.2020:
- Um die Einkommenseinbußen, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern insbesondere bei einem erheblichen Ausfall der Arbeit und damit des Entgelts erfahren, abzufedern, wird das Kurzarbeitergeld für die Monate, in denen der Entgeltausfall mindestens 50 Prozent beträgt, bis zum 31. Dezember 2020 gestaffelt ab dem vierten und ab dem siebten Monat des Bezugs erhöht. (§ 421c Abs.2 SGB III)
- Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Kurzarbeit werden befristet bis zum Jahresende die bestehenden Hinzuverdienstmöglichkeiten mit einer Hinzuverdienstgrenze bis zur vollen Höhe des bisherigen Monatseinkommens für alle Berufe geöffnet. (§ 421c Abs.1 SGB III)
- Der Versicherungsschutz in der Arbeitslosenversicherung wird verbessert: Für Personen, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld sich in der Zeit vom 1. Mai 2020 bis zum 31. Dezember 2020 erschöpfen würde, wird die Anspruchsdauer einmalig um drei Monate verlängert. (§ 421d SGB III)
Warmes Essen trotz pandemiebedingter Schließungen
Es wird sichergestellt, dass Schülerinnen und Schüler sowie Kinder, die eine Tageseinrichtung besuchen oder für die Kindertagespflege geleistet wird, auch bei pandemiebedingten Schließungen dieser Einrichtungen mit Mittagessen im Rahmen des Bildungspakets versorgt werden können. Dies gilt entsprechend auch für Leistungsberechtigte in Werkstätten für behinderte Menschen und bei vergleichbaren Angeboten.
Dies sollenen Änderungen des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB II und XII), des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) sowie des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) sicher stellen.
Durch einen Verweis des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) auf die entsprechende Änderung des SGB II gilt dies auch für Kinder im Kinderzuschlags- oder Wohngeldbezug.
Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Regelungen längstens bis zum 31. Dezember 2020 zu verlängern.
- § 68 SGB II: Damit hilfebedürftige Kinder, Schülerinnen und Schüler auch in dieser Situation mit einer warmen Mahlzeit im Rahmen des sogenannten Bildungspakets unterstützt werden, gilt § 28 Absatz 6 in der Zeit vom 1. März 2020 bis 31. Juli 2020 (Ende des Schuljahres) mit der Maßgabe, dass insoweit auf die Tatbestandsmerkmale der Gemeinschaftlichkeit und – bei Schülerinnen und Schülern – auf die schulische Verantwortung oder einen Kooperationsvertrag zwischen Schule und Hort verzichtet wird. Zudem werden die Aufwendungen für das gelieferte Mittagessen nur bis zur Höhe des Preises je Essen anerkannt, der bereits vor der Einrichtungsschließung berücksichtigt wurde. Die Regelung betrifft alle Kinder, Schülerinnen und Schüler, die zum Zeitpunkt der Schließung der genannten Einrichtungen hilfebedürftig sind. Es kommt somit nicht darauf an, ob die Personen bereits vor der pandemiebedingten Schließung eine Schule, Kita oder Kindertagespflege besuchten oder dort bereits an einer Mittagsverpflegung im Sinne des § 28 Absatz 6 teilnahmen oder bereits hilfebedürftig waren. Zudem gilt die Regelung für Kinder sowie Schülerinnen und Schüler, die während einer Notbetreuung eine Mittagsverpflegung erhalten.
- § 142 SGB XII: Übernimmt die Regelung von § 68 SGB II in den Absätzen 1 und 3. Zusätzlich werden im Absatz 2 die Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Mehrbedarfs für ein Mittagessen nach § 42b Absatz 2 (z.B. in einer Werkstatt für behinderte Menschen) für den Zeitraum der COVID-19-Pandemie vorübergehend aus. Ziel der Neuregelung ist es, bereits im Februar 2020 berücksichtigte Mehrbedarfe für gemeinschaftliche Mittagessen nach § 42b Absatz 2 vorübergehend weiter zu gewähren, wenn die Voraussetzungen, unter denen diese anzuerkennen sind, pandemiebedingt nicht vorliegen. Die Höhe des im Monat Februar 2020 gewährten Mehrbedarfs nach bleibt unverändert. Dies bedeutet, dass er in der bisherigen Höhe für diejenigen Wochentage weitergewährt wird, die vor der Schließung regelmäßige Arbeitstage waren oder an denen die Menschen mit Behinderung an einer tagesstrukturierenden Maßnahme teilgenommen haben.
Hintergrund für die Übergangsregelung in Absatz 2 ist, dass aufgrund der COVID-19-Pandemie viele Werkstätten für behinderte Menschen oder andere in § 42b Absatz 2 SGB XII genannte Einrichtungen geschlossen oder nur für einen begrenzten Personenkreis im Rahmen einer Notbetreuung geöffnet sind. Deshalb entfällt das zuvor angebotene gemeinschaftliche Mittagessen in seiner bisherigen Form für viele Betroffene. Gerade bei geschlossenen Werkstätten soll es vor allem dem Betreuungspersonal ermöglicht werden, den Beschäftigten das Mittagessen zum Verzehr in die besondere Wohnform oder nach Hause zu liefern. So kann das Betreuungspersonal die notwendigen sozialen Kontakte zu den Beschäftigten aufrechterhalten, nachdem zum Beispiel die bewährten Strukturen der Werkstätten aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht mehr greifen. Durch die Ausgestaltung wird gewährleistet, dass eine zeitaufwändige Prüfung der konkreten Ausgestaltung der Gewährung des Mittagessens vor Ort entbehrlich ist. - § 3 Absatz 4a des Asylbewerberleistungsgesetz: Die Regelungen des § 142 Absatz 1 und 3 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gelten entsprechend.
- § 88b des Bundesversorgungsgesetz: Übernimmt die Regelungen aus § 142 SGB XII.
- § 20 Absatz 7a des Bundeskindergeldgesetz: übernimmt die Regelungen aus § 68 SGB II.
Um die Versorgung mit Mittagessen sicherzustellen, sind Einfallsreichtum und Initiative nötig. Einige Beispiele aus Hamburg, Potsdam und Köln.
Waisenrenten
Um zu vermeiden, dass es beim Bezug von Waisenrenten zu Nachteilen kommt, wird in § 304 Absatz 2 SGB VI geregelt, dass auch dann ein Anspruch auf Waisenrente besteht, wenn eine Schul- oder Berufsausbildung wegen der epidemischen Lage von nationaler Tragweite nicht angetreten werden kann oder hierdurch die Übergangszeit länger als vier Monate andauert.
Der Anspruch auf Halb- oder Vollwaisenrente besteht längstens bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres oder bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres, wenn die Waise sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Kalendermonaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes liegt. Mit der Sonderregelung wird sichergestellt, dass eine Waisenrente auch dann (weiter-) gezahlt wird, wenn wegen der Corona-Krise eine Ausbildung oder ein freiwilliger Dienst nicht angetreten werden kann oder die Übergangszeit von vier Monaten überschritten werden sollte.
Dies gilt rückwirkend zum 1.1.2020.
§ 87d ALG (Alterssicherung der Landwirte) nimmt Bezug auf die Vorschrift im SGB VI.
Unfallversicherung
- § 218g Absatz 2 SGB VII übernimmt die Sonderregelung beim Bezug von Waisenrenten aus § 304 Absatz 2 SGB VI
- § 218g Absatz 1 SGB VII: Eine vorläufige Unfallrente wird spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall als Dauerrente geleistet, wenn nicht vorher eine andere Entscheidung getroffen wurde. Zur Feststellung der Dauerrente und zur Vermeidung einer Entscheidung nach Aktenlage sind die Unfallversicherungsträger regelmäßig auf die Durchführung von medizinischen Begutachtungen angewiesen. Da der Zugang hierzu während der Corona-Krise erheblich beeinträchtigt ist, wird die Feststellungsfrist grundsätzlich rückwirkend zum 1. Januar 2020 für einen Zeitraum von sechs Monaten nach Beendigung der Krise verlängert. Sofern medizinische Begutachtungen auch während der epidemischen Lage durchgeführt werden können, gilt weiterhin die Dreijahresfrist.
Nachbesserungen des Sozialdienstleister-Einsatzgesetzes (SodEG)
Das SodEG wird nachgebessert: Dies betrifft einerseits die Verpflichtung der Leistungsträger zur Gewährleistung des Bestandes der Interdisziplinären Frühförderstellen Des Weiteren wird der Ressourceneinsatz durch die jeweiligen öffentlichen Stellen, die in der Region als „Bedarfsträger“ in Betracht kommen, steuerbar gemacht. Auch wird der Rechtsweg für Streitigkeiten nach dem SodEG gesetzlich klargestellt.
Arbeitsgerichte und Sozialgerichte sowie arbeitsrechtliche Gremien – Nicht mehr physische Anwesenheit als nötig
Für die Arbeitsgerichtsbarkeit und die Sozialgerichtsbarkeit wird die Möglichkeit des Einsatzes von Videokonferenzen in der mündlichen Verhandlung ausgebaut. Zudem werden die Voraussetzungen für das schriftliche Verfahren beim Bundesarbeitsgericht und beim Bundessozialgericht modifiziert. Hiermit kann dem Gesundheitsschutz im Rahmen von Gerichtsverhandlungen noch stärker Rechnung getragen werden. Gleiches gilt für Sitzungen der Mindestlohnkommission, der Heimarbeitsausschüsse wie auch für Verhandlungen des Tarifausschusses im Zusammenhang mit Allgemeinverbindlicherklärungen von Tarifverträgen. Künftig soll auch hier in begründeten Fällen eine Teilnahme durch Video- oder Telefonkonferenzen möglich sein.
Quelle: BMAS
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