Die Bundesregierung arbeitet an mehreren Gesetzentwürfen, die die Auswirkungen der aktuellen Corona-Krise lindern sollen. Im ersten Teil der Beschreibung des Sozialschutz-Pakets ging es um Vorübergehende Änderungen im SGB II, SGB XII und beim Kinderzuschlag.
Weitere geplante Änderungen des Bundesarbeitsministeriums, die jetzt in der parlamentarischen Beratung sind und nächste Woche in Kraft treten sollen, betreffen unter anderem das SGB III, SGB IV, SGB VI und das Infektionsschutzgesetz.
Sozialschutz-Paket
§ 421c SGB III (gültig vom 1.4.2020 bis 30.09.2020)
Bestimmte Branchen und Berufe sind in der Krise für das öffentliche Leben, die Sicherheit und die Versorgung der Menschen unabdingbar. Hierzu gehören insbesondere das Gesundheitswesen mit Krankenhäusern und Apotheken, aber auch die Landwirtschaft und die Versorgung der Menschen mit Lebensmitteln.
Hier muss sichergestellt sein, dass ausreichend Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Durch den im neuen § 421c SGB III geregelten vorübergehenden Verzicht auf die vollständige Anrechnung des Entgelts aus einer während Kurzarbeit aufgenommenen Beschäftigung auf das Kurzarbeitergeld wird ein Anreiz geschaffen, auf freiwilliger Basis vorübergehend Tätigkeiten in systemrelevanten Bereichen, wie z. B. der Landwirtschaft, aufzunehmen.
§ 115 SGB IV – geringfügige Beschäftigung (gültig vom 1.3.2020 bis 31.10.2020)
Um Problemen bei der Saisonarbeit insbesondere im Bereich der Landwirtschaft durch die Corona-Krise Rechnung zu tragen, sollen die Zeitgrenzen für die geringfügige Beschäftigung in Form der kurzfristigen Beschäftigung befristet auf eine Höchstdauer von fünf Monate oder 115 Tage ausgeweitet werden.
§ 302 Abs. 8 SGB VI: Hinzuverdienst bei Renten (gültig vom 1.1.2020 bis 31.12.2020)
§ 302 Abs. 8 SGB VI bestimmt, dass im Jahr 2020 folgende Bestimmungen des § 34 SGB VI geändert werden:
- Die Hinzuverdienstgrenze wird auf 44.590 Euro angehoben.
- Der Hinzuverdienstdeckel wird nicht angewandt.
Damit soll die Weiterarbeit oder Wiederaufnahme einer Beschäftigung nach Renteneintritt erleichtert werden. Das geltende Recht sieht Beschränkungen vor, wenn neben der Rente hinzuverdient wird. Das könnte diejenigen, die in der aktuellen Situation mit ihrer Arbeitskraft Unterstützung leisten wollen, an ihrem Einsatz hindern. Nun können im Jahr 2020 statt bisher 6.300 Euro 44.590 Euro hinzuverdient werden, ohne dass die Altersrente gekürzt wird.
§ 14 Abs. 4 Arbeitszeitgesetz (gültig vom 30.3.2020 bis 31.12.2020)
In das Arbeitszeitgesetz wird eine Verordnungsermächtigung aufgenommen, um bundeseinheitliche Ausnahmen von den Arbeitszeitvorschriften zu ermöglichen. Die Regelung soll dazu beitragen, in der derzeitigen Situation der Corona-Pandemie die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, des Gesundheitswesens und der pflegerischen Versorgung, der Daseinsvorsorge sowie die Versorgung der Bevölkerung mit existentiellen Gütern sicherzustellen.
Nicht jede Tätigkeit in den oben genannten Bereichen ist durch die Ausnahmeregelung erfasst. Die Tätigkeiten müssen vor dem Hintergrund des außergewöhnlichen Notfalls notwendig sein.
Die öffentliche Sicherheit und Ordnung umfasst dabei vor allem die Funktionsfähigkeit von
- Gerichten,
- Behörden, insbesondere für Zwecke der Bekämpfung und Abmilderung der Notsituation und ihrer Auswirkungen,
- Polizei,
- Grenzschutz,
- Not- und Rettungsdiensten,
- Feuerwehr.
Das Gesundheitsweisen umfasst alle Personen, Organisationen, Einrichtungen, Regelungen und Prozesse, deren Aufgabe die Förderung und Erhaltung der Gesundheit sowie deren Sicherung durch Prävention und Behandlung von Krankheiten und Verletzungen ist. Erfasst sind auch die pflegerische Versorgung einschließlich der ambulanten Dienste.
Daseinsvorsorge umfasst die Bereitstellung der für ein menschliches Dasein als notwendig erachteten Güter und Dienstleistungen.
- Hierzu zählt – unter Berücksichtigung der spezifischen Auswirkungen eines außergewöhnlichen Notfalls – vor allem die kritische Infrastruktur (z.B.Energie, Wasser, Müllbeseitigung, Transport und Verkehr) .
- Zur Daseinsvorsorge zählen ebenfalls die Güter und Leistungen der Landwirtschaft und der Tierhaltung, die Einrichtungen zur Behandlung und Pflege von Tieren
- sowie die Aufrechterhaltung von Datennetzen und Rechnersystemen.
Existentielle Güter sind insbesondere
- Waren des täglichen Bedarfs (z. B. Lebensmittel einschließlich landwirtschaftlicher Produkte, Hygieneartikel oder Medikamente) oder
- Produkte, die zu Bekämpfung oder Milderung der unmittelbaren Auswirkungen der Notsituation notwendig sind.
Umfasst sind unter anderem auch die Produktion, das Kommissionieren und die Lieferung solcher Güter.
§ 56 Abs. 1a und Abs. 2 Infektionsschutzgesetz (gültig vom 30.3.2020 bis 31.12.2020)
Weitgehende Ergänzungen des Infektionsschutzgesetz werden derzeit vom Bundesgesundheitsministerium in Gang gesetzt (Gesetzentwurf zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite).
Auf Initiative des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales enthält dieser Entwurf auch einen Entschädigungsanspruch für Verdienstausfälle bei behördlicher Schließung von Schulen und Kitas zur Eindämmung der gegenwärtigen Pandemie.
Ziel der Entschädigungsregelung ist die Abmilderung von Verdienstausfällen, die erwerbstätige Sorgeberechtigte von Kindern bis zum 12. Lebensjahr erleiden, wenn sie ihre Kinder aufgrund der Schließung selbst betreuen müssen und daher ihrer beruflichen Tätigkeit nicht nachgehen können. Voraussetzung ist, dass die Betroffenen keine anderweitige zumutbare Betreuung (z. B. durch den anderen Elternteil oder die Notbetreuung in den Einrichtungen) realisieren können. Risikogruppen wie z. B. die Großeltern des Kindes müssen dazu nicht herangezogen werden. Ein Verdienstausfall besteht nicht, wenn es andere Möglichkeiten gibt, der Tätigkeit vorübergehend bezahlt fernzubleiben (z. B. Urlaub, Abbau von Zeitguthaben). Auch gehen Ansprüche auf Kurzarbeitergeld dem Entschädigungsanspruch vor.
Die Entschädigung in Höhe von 67 % des Nettoeinkommens wird für bis zu sechs Wochen gewährt und ist auf einen monatlichen Höchstbetrag von 2.016 Euro begrenzt.
Die Auszahlung übernimmt der Arbeitgeber, der bei der zuständigen Landesbehörde einen Erstattungsantrag stellen kann. Die Regelung gilt nicht für Zeiten, in denen die Einrichtung wegen der Schulferien ohnehin geschlossen wäre, und ist befristet bis Ende des Jahres.
Soziale Dienstleister (Sozialdienstleister-Einsatzgesetz – SodEG)
Soziale Dienstleister und Einrichtungen der Fürsorge in Deutschland sollen finanziell unterstützt werden, damit sie nicht in ihrem Bestand gefährdet sind. Dies wird umgesetzt mit einem Sicherstellungsauftrag der öffentlichen Hand für die sozialen Dienstleister und Einrichtungen, die Leistungen nach den Sozialgesetzbüchern und anderen Gesetzen erbringen.
Voraussetzung hierfür ist, dass die sozialen Dienstleister und Einrichtungen auch zur Bewältigung der Auswirkungen der Pandemie beitragen. Hierzu sollen sie in geeignetem und zumutbarem Umfang Arbeitskräfte, Räumlichkeiten und Sachmittel zur Verfügung stellen.
Der Sicherstellungsauftrag gilt zunächst bis zum 30. September 2020 und kann bis zum 31. Dezember 2020 verlängert werden.
Quelle: BMAS
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