Bunte Paragrafenzeichen

Krebsberatungsstellen und Suche nach Blutstammzellspender

Seit dem 1.1.2020 existiert der neue § 65e im SGB V gleich zweimal. Beide 65e’s sind im Bundesgesetzblatt erschienen und somit rechtskräftig, zumindest so lange, bis durch eine weitere Gesetzesänderung einer der beiden Paragrafen umbenannt wird, vielleicht in 65f.

§ 65e (1) stammt aus dem Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung und hat den Titel: „Ambulante Krebsberatungsstellen“.
§ 65e (2) stammt aus dem Gesetz für bessere und unabhängigere Prüfungen (MDK-Reformgesetz) und heißt: „Vereinbarung zur Suche und Auswahl nichtverwandter Spender von Blutstammzellen aus dem Knochenmark oder aus dem peripheren Blut“.

Später eingeschleust

Beide 65e’s waren in den ersten Entwürfen in den Gesetzen nicht vorgesehen und haben auch nicht unbedingt mit den ursprünglichen Anliegen der Gesetze etwas zu tun. Aber wie es häufiger in den Gesetzgebungsverfahren vorkommt, werden politische Vorhaben durch Änderungs- und Ergänzungsvorschläge seitens des zuständigen Ministeriums selber, der Ausschüsse, des Bundesrats oder Anträge der Parteien während des Gesetzgebungsverfahrens „eingeschleust“. Damit kann man natürlich Zeit sparen, weil es für diese „eingeschleusten“ Vorschriften nicht noch mal extra die ganze Prozedur mit 1, 2, und 3. Lesung, Beratungen im Bundestag und Bundesrat und in den zuständigen Ausschüssen geben muss.

Da kann es schon mal vorkommen, dass Fehler passieren, so wie der mit dem doppelten Paragraphen. Manchmal wird das „Einschleusen“ aber auch bewusst genutzt, in der Hoffnung, dass bei der Debatte um den eigentlichen Inhalt eines Gesetzes der Kuckucks-Paragraph gar nicht groß auffällt und gleich mit verabschiedet wird, beispielsweise hier.

Worum geht es nun in den 65e (1) und (2)?

Ambulante Krebsberatungsstellen: Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen fördert ab dem 1. Juli 2020 mit Wirkung vom 1. Januar 2020 ambulante psychosoziale Krebsberatungsstellen mit einem Gesamtbetrag von jährlich bis zu 21 Millionen Euro. Die privaten Krankenversicherungsunternehmen beteiligen sich mit einem Anteil von sieben Prozent an diesem Förderbetrag. Dies entspricht dem derzeitigen Versichertenanteil an der Gesamtzahl der gesetzlich und privat Krankenversicherten – abzüglich des Beihilfeanteils – und bedeutet nach derzeitigem Stand eine Fördersumme von jährlich bis zu 1,47 Millionen Euro durch die privaten Krankenversicherungsunternehmen. Ab dem Jahr 2023 erhöhen sich die Beträge für die GKV und PKV entsprechend der Veränderung der jährlichen Bezugsgröße.

Suche und Auswahl nichtverwandter Spender von Blutstammzellen: Mit der Neuregelung wird eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für eine bereits bestehende Vereinbarung des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche und Auswahl nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus dem Knochenmark oder aus dem peripheren Blut maßgeblichen Organisationen geschaffen. Die in der Neuregelung enthaltenen Vorgaben geben im Wesentlichen den Inhalt der bereits bestehenden Vereinbarung wieder, stellen diese nunmehr auf eine explizite Rechtsgrundlage und schaffen damit auch eine rechtssichere Grundlage für deren Weiterentwicklung.

Quellen: Bundestag, FOKUS-Sozialrecht

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