Mittlerweile gibt es einen Entwurf des Justizministeriums zur Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz. Danach soll im Artikel 6 folgender Absatz 1a eingefügt werden:
Entwurf Art. 6 Abs. 1a Grundgesetz
„Jedes Kind hat das Recht auf Achtung, Schutz und Förderung seiner Grundrechte einschließlich seines Rechts auf Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit in der sozialen Gemeinschaft.
Das Wohl des Kindes ist bei allem staatlichen Handeln, das es unmittelbar in seinen Rechten betrifft, angemessen zu berücksichtigen.
Jedes Kind hat bei staatlichen Entscheidungen, die seine Rechte unmittelbar betreffen, einen Anspruch auf rechtliches Gehör.“
Ergebnisse der Arbeitsgruppe
Ende Oktober legte die für die Umsetzung eingesetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppe mit Vertretern aus den Bereichen Justiz und Familie ihren Bericht vor. Kinder oder Jugendliche gehörten der Arbeitsgruppe übrigens nicht an.
Der Bericht enthielt mehrere Formulierungsvorschläge. Justizministerin Lambrecht entschied sich nach eigenen Worten nicht für einen der konkreten Vorschlägen entschieden, sondern Elemente der verschiedenen Varianten kombiniert.
Kritik an dem Entwurf
Die Formulierung enthält mehrere Begriffe, die Kritik auslösten. Da ist im ersten Satz der Begriff „Förderung“ der Grundrechte. Hier stellt sich die Frage, wie Grundrechte überhaupt gefördert werden können.
Im zweiten Satz geht es um den Begriff „angemessen“. Das Kindeswohl sei angemessen zu berücksichtigen. In der Kinderrechtskonvention heißt es dagegen, das Kindeswohl sei „vorrangig“ zu berücksichtigen. Damit fällt der Entwurf für das GG schon mal hinter die KRK zurück. Im Original heißt es in der KRK „a primary consideration“. Damit ist nicht eine absolute Vorrangstellung vor anderen Belangen gemeint, sondern dass Kinderrechten ein besonderes Gewicht verliehen wird.
Auch mit der Formulierung „unmittelbar in seinen Rechten“ bleibt der Entwurf deutlich hinter den völkerrechtlichen Vorgaben zurück. Dort greift das Kindeswohlprinzip immer dann, wenn eine Maßnahme Kinder betrifft. Damit richtet sich das Kindeswohlprinzip z.B. auch an den Gesetzgeber, der bei seinen Vorhaben prüfen muss, ob Kindesinteressen berührt werden und angemessene Berücksichtigung finden.
Auch bei der Mitwirkung und Beteiligung bleibt der Entwurf hinter den Erwartungen zurück. Nach dem Entwurf bleibt es bei einem Anspruch auf „rechtliches Gehör“, was aber längst im Grundgesetz verankert ist. Notwendig ist aber einen Anspruch auf „Gehör und auf Berücksichtigung seiner Meinung entsprechend seinem Alter und seiner Reife“, wie es auch in einer der Formulierungen der Arbeitsgruppe hieß.
Zwei Drittel
Da für eine Grundgesetzänderung eine Zweidrittel-Mehrheit nötig ist, wird es sicher noch diverse Änderungsvorschläge für die Formulierungen geben. Zu befürchten ist allerdings, dass eine zu zaghafte Formulierung letztlich nicht mehr als Kosmetik erbringt.
Quelle: Bundesjustizministerium, FOKUS-Sozialrecht
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