Menschen mit Behinderung, die stationäre Eingliederungshilfe erhalten, haben darüber hinaus keinen Anspruch auf „zusätzliche Einzelfallhilfen“. Dies hat das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz in sieben Fällen entschieden, wie es am 18.10.2019 mitteilte.
Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz
Ein über die dem jeweiligen Antragsteller gewährte Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten der stationären Unterbringung in der Einrichtung hinausgehender Anspruch auf „zusätzliche Einzelfallhilfen“ bestehe nicht, weil sein Bedarf hierdurch bereits vollständig gedeckt sei. Der Antragsteller habe gegen den Sozialhilfeträger keinen Anspruch auf Geldleistung, sondern einen sogenannten Sachleistungsverschaffungsanspruch. Im Rahmen dieses Anspruchs übernehme der Sozialleistungsträger die Vergütung, die der Antragsteller der Einrichtung aufgrund des zwischen ihm und dem Einrichtungsträger geschlossenen (zivilrechtlichen) Heimvertrages schulde.
Nach dem Heimvertrag ermögliche die Einrichtung dem Antragsteller Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft entsprechend seines individuellen Teilhabebedarfs. Die Einrichtung habe daher alle Leistungen zu erbringen, die der Antragsteller aktuell benötige, mit der Folge, dass der Eingliederungshilfebedarf des Antragstellers vollumfänglich gedeckt sei.
Öffnungsklausel in den Verträgen
Der CPB (Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie e.V.) rät allen Leistungserbringern in einem Rundschreiben, dass in der Leistungsvereinbarung
alle denkbaren Bedarfe abgebildet und dazu eine auskömmliche Vergütung vereinbart wird – und dass Revisions- und Öffnungsklauseln festgelegt werden, die Nachverhandlungen möglich machen. Umfasst die Leistungsvereinbarung alle Leistungen, sind sie durch die pauschale Vergütung abgedeckt. Das Risiko liegt damit am Ende beim Leistungserbringer. Dazu kommt, dass ergänzende zivilrechtliche Vereinbarung nach der genannten Rechtsprechung nichtig sind.
Veränderung durch das Bundesteilhabegesetz?
In der bisherigen Praxis lief es in den stationären Wohneinrichtungen der Eingliederungshilfe so ab, dass dem über die pauschalen Vergütungen oftmals hinausgehende hohen Bedarf einzelner Personen auf Kosten der Menschen mit niedrigem Hilfebedarf entsprochen wurde.
Durch das Bundesteilhabegesetz besteht allerings Hoffnung, dass sich hier etwas ändert. Man hat mit dem BTHG immerhin die Möglichkeit, eine ICF-konforme, assessment-gestütze Hilfebedarfsfeststellung zu verwirklichen. Dazu gehört der individuelle Rechtsanspruch, die verpflichtende Aufstellung eines individuellen Teilhabeplans und die Betonung des individuellen Wahl- und Wunschrechts.
Auch wenn die Finanzierung in den „besonderen Wohneinrichtungen“ weiterhin über tyisierte Hilfebedarfe und pauschalierten Leistungen erfolgt, sollte es im Einzelfall leichter möglich sein, besondere Hilfebedarfe zu finanzieren.
Quellen: Langericht Rheinland-Pfalz, CBP
Abbildung: pixabay.com: justitia.jpg