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Kindergeld für EU-Ausländer

Im deutschen Bundeskindergeldgesetz (BKGG) oder im Einkommenssteuergesetz (EStG) findet sich nichts darüber, was passiert, wenn ein Familienvater in einem fremden Land seine Arbeit verliert. Bekommmt er dann auch weiterhin Kindergeld für die Kinder, die in seiner Heimat leben?

Durch den Begriff „Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer“ im Wortlaut des § 1 Abs. 3 BKGG bzw. § 62 Abs. 2 EStG läßt sich schließen, dass Staatsangehörige der EU-Mitgliedstaaten (§ 1 AufenthG, einschließlich der neuen Beitrittsländer unter den Voraussetzungen des § 13 AufenthG), der EWR-Staaten (§ 12 AufenthG, also Norwegen, Island, Liechtenstein) sowie der Schweiz (§ 28 AufenthV) von einem etwaigen Ausschluss vom Kindergeldbezug nicht betroffen sind. Oder anders ausgedrückt: Dieser Personenkreis hat vollen Anspruch auf Kindergeld, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.

In der EU-Verordnung Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, Artikel 67 steht eindeutig: „Eine Person hat auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden.“
Auch hier wird nicht explizit die Möglichkeit erwähnt, dass jemand unter Umständen im fremden Land jahrelang ohne Arbeit lebt.

Auf die oben genannte EU-Verordnung hat sich nun ein seit 2003 in Irland lebender Rumäne bezogen, dessen zwei Kinder in Rumänien blieben. Er wurde 2009 arbeitslos und erhielt ein Jahr lang eine beitragsabhängige Arbeitslosenunterstützung. Anschließend bezog er für drei Jahre eine beitragsunabhängige Arbeitslosenunterstützung und schließlich für zwei Jahre eine Unterstützung bei Krankheit. In der Zeit des Bezugs der beitragsunabhängigen Arbeitslosenunterstützung versagten ihm die irischen Behörden das Kindergeld.

Nun bekam der Mann vor dem Europäischen Gerichtshof recht: Der EuGH hat entschieden, dass EU-Ausländer weder eine Beschäftigung ausüben noch aufgrund oder infolge einer Beschäftigung eine Geldleistung beziehen müssen, um Anspruch auf Familienleistungen für ihre in einem anderen EU-Staat wohnenden Kinder zu haben. Die Verordnung bestimme, dass eine Person auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats hat, als ob sie in diesem Mitgliedstaat wohnen würden.

Quelle: EuGH-Urteil v. 07.02.2019 (C‑322/17), SOLEX

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